Wo kommen die interstellaren Objekte her?

Interstellare Objekte wie 3I/Atlas faszinieren Experten wie Laien. Noch wenig weiß man sicher über sie. Woher stammen diese Brocken? Und was hat sie zu uns gebracht? Eine geplante Weltraummission könnte in Zukunft mehr Antworten liefern.

Lange waren sie nur Spekulation, erst 2017 konnten Astronomen erstmals eins beobachten: interstellare Objekte. Sie stammen nicht aus unserem Sonnensystem, sondern sind Besucher aus den Tiefen des Alls. Manche sind eisig wie Kometen, andere ähneln eher steinigen Asteroiden. Bisher konnten drei dieser Objekte nachgewiesen werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Welche interstellaren Objekte sind bisher bekannt?

  • 'Oumuamua (2017): Etwa 400 Meter lang. Wahrscheinlich ein Asteroid aus Gestein oder Kern eines Kometen. Hinweise auf extrem längliche oder flache Gestalt.
  • Borisov (2019): Ein etwa ein Kilometer großer Komet aus Eis, der einen deutlichen Schweif zeigte.
  • 3I/Atlas (2025): Größe etwa 10 bis 20 Kilometer. Als Komet klassifiziert: Besteht wahrscheinlich aus Eis.

Wie viele interstellare Objekte gibt es insgesamt?

Eine Schätzung geht davon aus, dass in unserer Galaxie 200 Quadrillionen solcher interstellaren Objekte durchs All fliegen - das ist eine Zahl mit 26 Nullen. Also ziemlich viele. Es wird vermutet, dass das Sonnensystem über die Jahrmilliarden einige dieser Objekte eingefangen hat, ihre Zahl wird auf etwa 100 kometenähnliche und 100.000 asteroidenähnliche Objekte geschätzt. Mehrere Tausend davon sollen eine Größe von mehr als 200 Metern haben.

Die überwiegende Mehrheit davon kreist vermutlich weit entfernt jenseits der Bahn des Pluto um die Sonne. Nur ein winziger Bruchteil erreicht Berechnungen zufolge das Innere Sonnensystem, wo auch die Umlaufbahn der Erde liegt. Allerdings wurde noch keines dieser Objekte durch Beobachtung eindeutig als interstellar bestimmt.

Anders die nachweislich interstellaren Objekte, zu denen ʻOumuamua, Borisov und nun auch 3I/Atlas zählen. Aufschluss über ihre Herkunft von außerhalb des Sonnensystems geben ihre Flugbahn und ihre hohe Geschwindigkeit: Sie beschreiben keine Bahn um die Sonne herum, sondern rasen durch das Sonnensystem hindurch.

Wo kommen die interstellaren Objekte her?

Experten gehen davon aus, dass interstellare Objekte aus anderen Sternen- und Planetensystemen in unserer Galaxie stammen. Ihr Auftauchen bei uns kann verschiedene Ursachen haben:

  1. Bei einer Begegnung mit einem Planeten in ihrem Heimat-System könnten die Objekte durch dessen Anziehungskraft so stark beschleunigt werden, dass es sie aus dem System heraus katapultiert.
  2. In Doppelsternsystemen können die Anziehungskräfte zweier Sterne sich so verstärken, dass sie ein Objekt ebenfalls stark beschleunigen und aus dem System herausschleudern.
  3. Wenn der Stern eines Systems an seinem Lebensende an Masse verliert, können die am weitesten von ihm entfernten Objekte aus seinem Schwerefeld geraten und aus dem System herausfliegen.

Eine Studie aus dem März schlug das uns nächste Doppelsternsystem Alpha Centauri als eine mögliche Quelle von interstellaren Objekten vor. Die Autoren schätzen, dass sich sogar bis zu einer Million Brocken aus dem System in der Oortschen Wolke unseres Sonnensystems befinden könnten. Bei der Oortschen Wolke handelt es sich um eine vermutete schalenförmige Ansammlung von Abermilliarden kleiner Objekte, die in gewaltigem Abstand um die Sonne kreisen.

Könnte es sich auch um außerirdische Raumschiffe handeln?

Im Jahr 2018, ein Jahr nach der Entdeckung von 'Oumuamua, sorgte der Forscher Avi Loeb mit seiner These für Aufsehen, dass es sich bei dem Objekt um ein künstliches, außer­irdisches Sonnensegel handeln könnte. Auslöser dafür war die Beobachtung, dass das Objekt weniger stark als erwartet abbremste, nachdem es die Sonne passiert hatte.

Allerdings bereitete eine Studie aus dem Jahr 2023 diesen Spekulationen weitgehend ein Ende. Deren Autoren argumentierten, dass bei der Annäherung an die Sonne das Eis auf 'Oumuamua schmolz und darin eingelagerter Wasserstoff freigesetzt wurde, was für zusätzlichen Schub sorgte. Dennoch hält Loeb seine These vom außerirdischen Objekt weiterhin für nicht ausgeschlossen, vertritt damit aber eine Mindermeinung.

Kann man ein interstellares Objekt mit einer Raumsonde untersuchen?

Ein naher Vorbeiflug oder sogar eine Landung auf einem interstellaren Objekt, wie es schon bei Kometen und Asteroiden gelungen ist, böte die einzigartige Möglichkeit, mehr über die Beschaffenheit dieser Himmelskörper sowie andere Planetensysteme zu erfahren. Die Herausforderung ist jedoch, dass die Objekte sich sehr schnell und nur für kurze Zeit durch das Sonnensystem bewegen. Zudem gibt es nur eine kurze Vorlaufzeit zwischen Entdeckung eines Objekts und dem Start einer Weltraum-Mission.

Die Esa plant für 2029 den Beginn ihrer "Comet Interceptor"-Mission - bei dieser lauert eine Raumsonde an einem bestimmten Punkt nahe dem Erde-Mond-System auf Objekte, die kurzfristig entdeckt werden - wie etwa ein interstellares Objekt. Wird ein Ziel ausgemacht, kann die Sonde es ansteuern und im Vorbeiflug untersuchen. Sollte es klappen, wird man womöglich noch mehr über die geheimnisvollen Besucher aus dem All erfahren.