Hat China den CO2-Zenit überschritten?

China, größter CO2-Emittent der Welt, verzeichnet laut einer Analyse erstmals einen Rückgang seines Ausstoßes. Der massive Ausbau Erneuerbarer Energien und eine zunehmende Elektrifizierung sollen dafür verantwortlich sein. Doch der Trend bleibt fragil.

China ist derzeit die globale C02-Supermacht: Rund ein Drittel der weltweiten Emissionen gehen mittlerweile auf sein Konto. Der positive Trend in den USA, Japan und Europa in den vergangenen zehn Jahren wurde dadurch pulverisiert. Doch womöglich gibt es Hoffnung: Laut einer Analyse könnte auch Chinas CO2-Ausstoß seinen Zenit erreicht haben. Ein Hoffnungsschimmer in der sich anbahnenden Klima-Katastrophe?

Chinas kolossaler CO2-Ausstoß wird in Deutschland gerne von Gegnern einer radikalen Energiewende angeführt. Doch einer Analyse der britischen Recherche-Plattform Carbon Brief zufolge könnte sich der Blick auf die Volksrepublik wandeln. Demnach hat China im ersten Quartal 2025 erstmals weniger CO2 ausgestoßen als in den Monaten zuvor. Und das bei anhaltend stabiler Konjunktur.

Erneuerbare Mega-Projekte

Der Autor der Analyse, Lauri Myllyvirta, Mitbegründer des Thinktanks Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA), spricht daher von einem möglicherweise "strukturellen Rückgang", der nicht auf wirtschaftliche Sondereffekte zurückzuführen sei. Ursache seien vielmehr der massive Ausbau der Erneuerbaren Energien in China sowie ein Trend zur Elektrifizierung der Wirtschaft.

Und wie massiv der Ausbau bei Solar- und Windenergie im Reich der Mitte ist, zeigen diese Zahlen: Im Schnitt errichtete China zuletzt jährlich Solar- und Windkraftanlagen mit einer Leistung von mehr 300 Gigawatt. Das entspricht in etwa der gesamten bereits installierten Leistung der USA. Beispielhaft dafür stehen Projekte wie die "Great Solar Wall" in der nördlichen Wüstenregion Chinas. Es besteht aus einer Kette aus Solarkraftwerken und soll sich nach Fertigstellung über 400 Kilometer Länge erstrecken.

Aber auch die Kernenergie baut China weiter aus, neue Kraftwerke im Umfang von 10 Gigawatt wurden dieses Jahr bereits genehmigt. Auch das trägt zu weniger CO2-Emissionen in den kommenden Jahren bei.

Rückschritte denkbar

"Das Wachstum der sauberen Stromerzeugung hat nun das aktuelle und langfristige durchschnittliche Wachstum des Strombedarfs überholt", schreibt Myllyvirta in seiner Analyse, die auf offiziellen Zahlen chinesischer Behörden und kommerziellen Daten beruht. Und der Trend werde 2025 voraussichtlich anhalten.

Zum Rückgang der CO2-Emissionen trage aber auch die Elektrifizierung der Wirtschaft bei: So liege der Anteil der Elektroautos bei den Neuzulassungen in China mittlerweile bei etwa 50 Prozent. Auch der anhaltende Rückgang bei Bauvorhaben führe zu weniger CO2 bei der Zement-Produktion. In manchen Sektoren sei der Trend hingegen umgekehrt: etwa in der chemischen Industrie, die zunehmend auf Kohle als Rohstoff setzte, was CO2-intensiv ist.

Zugleich betont Myllyvirta, dass der jüngste Rückgang bei Chinas CO2-Ausstoß nur gering sei und jeder kurzfristige Anstieg einen neuen Emissions-Rekord zur Folge haben könnte. Eine wichtige Rolle könnte der weitere Verlauf des Handelskonflikts mit den USA spielen: Sollte China etwa auf Konjunkturmaßnahmen setzen, um die negativen Folgen von US-Zöllen aufzufangen, könnte das - wie in der Vergangenheit bereits - zu einem erneuten Anstieg der CO2-Emissionen führen, so der Analyst.