Peter Jackson will ausgestorbenen Moa wiederbeleben

Jurassic Park in echt? Davon träumt offenbar "Herr der Ringe"-Regisseur Peter Jackson und investiert Millionen in die Wiederbelebung eines ausgestorbenen Riesenvogels. Kritiker sprechen derweil von Designer-Tieren und warnen vor ethischen und ökologischen Problemen.

Mit seiner beeindruckenden Größe von mehr als drei Metern ist der Moa der größte Vogel, der jemals auf der Erde gelebt hat. Tausende Jahre durchstreifte der flügellose Pflanzenfresser Neuseeland und ernährte sich von Bäumen und Sträuchern - bis die Menschen vor 600 Jahren auf die Insel kamen und ihn ausrotteten. Ein paar Knochen, mumifizierte Fleischreste und vereinzelte Federn sind alles, was von den riesigen Tieren heute noch übrig ist. Das könnte sich aber bald ändern - zumindest, wenn es nach Regisseur Peter Jackson geht. Zusammen mit dem US-Start-up Colossal Biosciences will er den Moa wiederbeleben.

Das Unternehmen teilte vergangene Woche mit, dass es in Zusammenarbeit mit dem Ngāi Tahu Research Centre an der neuseeländischen University of Canterbury innerhalb von fünf bis zehn Jahren die Wiederbelebung des ausgestorbenen Vogels anstrebt. Das Projekt ist ambitioniert - und teuer. Ganze 15 Millionen US-Dollar investierte Jackson Berichten zufolge in Colossal Biosciences.

Der "Herr der Ringe"-Filmemacher trägt aber nicht nur Geld bei: Er ist ein begeisterter Moa-Knochensammler. Daraus wollen Forschende DNA extrahieren und diese dann mit Genen des nächsten Verwandten der Moa, dem Emu, kombinieren. Schließlich werden die mutierten Eier ausgebrütet und die Jungvögel in geschlossenen "Rewilding-Gebieten" freigelassen. So zumindest der Plan. "Die Hoffnung, dass wir in ein paar Jahren wieder einen Moa sehen können, bereitet mir mehr Freude und Befriedigung als jeder Film", sagte Jackson.

Wolf, Elefant - und jetzt Vogel

Der Riesenvogel ist dabei nicht das erste ausgestorbene Tier, das das Unternehmen wieder zum Leben erwecken will. Colossal verkündete sogar bereits Erfolge. So behauptete das Start-up erst im April, es habe den Direwolf wieder zum Leben erweckt, ein nordamerikanisches Raubtier, das seit etwa 13.000 Jahren ausgestorben ist. Den Angaben zufolge wurden zwei Wölfe genetisch so verändert, dass sie die Merkmale des Direwolfs aufwiesen.

Wenige Wochen zuvor hatte das Unternehmen Fotos von Mäusen veröffentlicht, die genetisch so verändert worden waren, dass sie Merkmale von Wollmammuts aufwiesen - etwa sein Fell. Es war demnach der erste Schritt zur Wiederbelebung der flauschigen Dickhäuter, die Colossal durch die genetische Veränderung Asiatischer Elefanten erreichen will. Das Unternehmen will zudem den Dodo wiederbeleben, einen Vogel aus Mauritius, der im 17. Jahrhundert von Seeleuten bis zur Ausrottung gejagt wurde. Auf der Liste steht darüber hinaus der einst in Australien lebende Beutelwolf - und dank Regisseur Jackson nun auch der Moa.

Das neueste Projekt von Colossal sorgt weltweit für Aufsehen. Gleichzeitig äußern sich immer mehr Experten skeptisch und besorgt. Ist es tatsächlich möglich, den Moa und andere ausgestorbene Tierarten zurück ins Leben zu holen? Und was hätte das für Konsequenzen?

Experimente statt echte Wiederbelebung

Auf die Frage, ob eine Wiederbelebung möglich ist, hat Tori Herridge eine klare Antwort: "Nein, das ist nicht möglich", sagt die Evolutionsbiologin an der Universität Sheffield dem britischen "Guardian". Herridge hatte ein Angebot, dem Beirat von Colossal Biosciences beizutreten, abgelehnt. Die Initiativen des Unternehmens seien eher als wissenschaftliche Experimente zu betrachten und nicht als echte Wiederbelebung ausgestorbener Arten aus längst vergangenen Zeiten, sagt die Wissenschaftlerin.

"Man kann höchstens einen genetisch veränderten Organismus erschaffen, der einige äußerliche Merkmale der ausgestorbenen Art aufweist", sagt Herridge. Doch erst erlernte Verhaltensweisen machten eine wilde Spezies wirklich aus. Was die Evolutionsbiologin damit meint: Nur weil ein Tier äußerlich aussieht wie ein Wollmammut, ist es im Inneren noch lange kein Wollmammut.

Diese deterministische Sichtweise der Genetik lehnt Herridge ab. "Ich glaube nicht, dass man allein auf der Grundlage seines Genoms etwas erschaffen kann, das sich wie ein Wollmammut verhält", sagt sie der Zeitung. "Vieles im Verhalten von Elefanten ist erlernt." Das in der Petrischale zu erschaffen, sei unmöglich. Das treffe auch auf Moas zu, sagt James Wood von der Adelaide University in Australien. "Sie mögen oberflächlich betrachtet einige Merkmale der Moas aufweisen, aber es ist unwahrscheinlich, dass sie sich wie Moas verhalten oder dieselben ökologischen Nischen besetzen können", sagt er dem "New Scientist".

"Es ist schwierig. Es ist komplex."

Die Behauptungen, dass eine Wiederbelebung ausgestorbener Arten nicht möglich sei, lehnt man bei Colossal Biosciences entschieden ab. "Zu sagen, dass es nicht möglich ist, ist einfach nicht wahr", sagt Andrew Pask, der für Colossal am Moa-Projekt arbeitet. "Es ist schwierig. Es ist komplex. Aber wir haben alle Werkzeuge, um es zu tun. Wenn wir ein Genom rekonstruieren, das zu 99,9 Prozent mit dem eines Beutelwolfs, eines Moas oder eines Mammuts identisch ist, dann wäre dieses Tier einem Moa so ähnlich wie zwei beliebige Moas in dieser Population."

Das Start-up pocht zudem immer wieder auf seine selbst zugeschriebene Rolle als Artenschützer. Laut eigenen Angaben trägt die Arbeit von Colossal dazu bei, den grassierenden Verlust der Artenvielfalt zu verlangsamen. Die Errungenschaften könnten dazu beitragen, die genetische Vielfalt gefährdeter Wildtiere wiederherzustellen und Arten wie den amerikanischen Rotwolf vor dem Aussterben zu bewahren.

Kritiker werden Colossal jedoch vor, mit seinen Millionen-Projekten von dem anhaltenden massiven Verlust der Artenvielfalt abzulenken. Zudem gibt es auch Bedenken, dass diese "wiederbelebten" Hybridarten für Lebensräume konzipiert sind, die möglicherweise gar nicht mehr existieren. Eine in der Fachzeitschrift "Nature Ecology and Evolution" veröffentlichte Studie kam bereits vor einigen Jahren zu dem Schluss, dass solche sogenannten De-Extinction-Bemühungen dem Artenschutz sogar schaden könnten.

"Nur einen Designer-Wolf geschaffen"

"De-Extinction ist ein falsches Versprechen, das mehr in Egoismus als in echten Bemühungen um den Erhalt von Arten begründet ist", sagt auch Aroha Te Pareake Mead gegenüber dem Science Media Center, Mitglied der Arbeitsgruppe für Politikentwicklung der International Union for Conservation of Nature. Beim Einsatz synthetischer Biologie im Naturschutz handle es sich um egoistische Vergnügungsübungen, bei denen es um die theatralische Inszenierung von "Entdeckungen" gehe, ohne Rücksicht auf ethische, ökologische und kulturelle Aspekte, kritisiert sie. "Die Moas zurückbringen? Wohin? Zu welcher Lebensqualität? Um frei herumzustreunen?"

Der Moa-Experte Nic Rawlence von der University of Otago ist der Überzeugung, dass man sich mit diesen Fragen erst gar nicht wird beschäftigen müssen. Er hält es für unwahrscheinlich, dass die ausgestorbenen Vögel wieder zum Leben erweckt werden können. "Das ist Jurassic Park mit sehr geringen Erfolgsaussichten", sagt Rawlence.

Beim Direwolf, den das Unternehmen bereits erfolgreich wiederbelebt haben will, ist das Genom 2,5 Milliarden einzelne Buchstaben lang, erklärt Rawlence. Auch wenn der Direwolf genetisch zu 99 Prozent identisch mit dem heutigen Wolf ist, bleiben immer noch deutlich über eine Million Unterschiede. Die Forschenden der Colossal Biosciences hätten allerdings nur 20 Änderungen an 14 Genen vorgenommen, so der Experte. Zu sagen, sie hätten einen Direwolf geschaffen, sei in seinen Augen lächerlich. "Sie haben einen Designer-Wolf geschaffen. Und das wird auch bei den Moas so sein, egal was sie tun."