Neuer Bluttest soll MS Jahre vor Symptomen erkennen

Ein Wiener Forschungsteam entwickelt einen Bluttest, der das Risiko für Multiple Sklerose vor Symptombeginn erkennt - sogar bis zu zwölf Jahre vor den ersten Anzeichen. Antikörper gegen das Epstein-Barr-Virus dienen dabei als Schlüsselindikator.

Wissenschaftler der Medizinischen Universität Wien haben einen Bluttest entwickelt, der das Risiko für die Entwicklung einer Multiplen Sklerose (MS) bereits Jahre vor dem Auftreten erster Symptome identifizieren kann. Der Test misst den Spiegel von spezifischen Antikörpern, die sowohl an das Epstein-Barr-Virus (EBV) als auch an körpereigene Strukturen binden, welche als Indikatoren für MS dienen.

Multiple Sklerose ist eine chronische Autoimmunerkrankung, die weltweit etwa 2,8 Millionen Menschen betrifft. Sie entsteht, wenn das Immunsystem fälschlicherweise die Myelinhülle der Nervenbahnen im Gehirn und Rückenmark angreift, was zu neurologischen Ausfällen und Entzündungen führt. Bisher war eine Früherkennung der Krankheit nicht möglich, da die typischen Nervenschäden erst im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung sichtbar werden.

Für ihre retrospektive Studie, die in der Fachzeitschrift "Jama Network" veröffentlicht wurde, analysierte das Forschungsteam um Hannes Vietzen alte Blutproben von 704 MS-Patienten und nahezu 5400 gesunden Kontrollpersonen. Dabei entdeckten sie, dass charakteristische Antikörper, die an das EBV-Protein EBNA-1 binden, bei MS-Patienten signifikant häufiger und in höheren Konzentrationen vorkommen. Diese Antikörper können zudem auch menschliche Gehirnproteine angreifen und somit zur Schädigung der Neuronen beitragen.

Zuverlässiger Biomarker für MS

Besonders bemerkenswert ist den Angaben zufolge, dass diese Antikörper bereits zwischen neun Monaten und drei Jahren nach einer EBV-Infektion im Blut nachweisbar sind - im Durchschnitt 5,4 Jahre bevor klinische Symptome einer MS auftreten. Bei einigen Patienten konnten die Biomarker sogar bis zu zwölf Jahre vor den ersten Anzeichen der Krankheit festgestellt werden.

Die Ergebnisse deuten laut Studienautoren darauf hin, dass der Antikörperwert als zuverlässiger Biomarker für Multiple Sklerose dienen könnte. Personen mit konstant hohen Antikörperspiegeln über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren haben demnach ein signifikant höheres Risiko, später an MS zu erkranken.

Der neue Bluttest könnte dazu beitragen, Menschen mit einem erhöhten MS-Risiko frühzeitig zu identifizieren, heißt es in der Studie. "So könnten wir diese Personen rechtzeitig untersuchen und behandeln, um den Ausbruch der MS zu verzögern oder möglicherweise sogar zu verhindern", erklärt Co-Autor Paulus Rommer.

Obwohl die Ergebnisse vielversprechend sind, sind den Studienautoren weitere klinische Studien mit größeren Patientenzahlen erforderlich, bevor der Test in der klinischen Praxis eingesetzt werden kann.