Wie KI Landwirten aus der Dürre-Krise helfen kann

Kaum Regen, dafür viel Sonne und Hitze: Angesichts des Klimawandels haben es Bauern immer schwerer. Auch in diesem Frühling sind die Böden zu trocken - auf den erlösenden Niederschlag warten Landwirte vielerorts vergeblich. Eine mögliche Lösung: Künstliche Intelligenz auf dem Acker.

Die Böden sind knochentrocken, seit Monaten fällt viel zu wenig Regen. So wenig, dass Deutschland höchstwahrscheinlich in diesem Jahr eines der trockensten Frühjahre seit Messbeginn verzeichnen wird. Erinnerungen werden wach an die beiden Dürre-Sommer 2018 und 2019, in denen es zu großen Hitzeschäden kam, auch in der Landwirtschaft. Noch ist die Ernte 2025 nicht dahin, aber die Natur fährt jetzt schon auf Reserve. Langfristig wird sich die Landwirtschaft umstellen müssen, sagen Experten - und dabei spielt auch KI eine tragende Rolle.

Nur etwa 60 Liter Niederschlag sind im vergangenen Monat im Schnitt auf den Quadratmeter gefallen. Das ist nicht einmal ein Drittel des üblichen Regens im Frühjahr. Dabei brauchen die Bauern den Regen jetzt dringend, denn die Pflanzen geraten zunehmend in Trockenstress. "Vor allem Raps und Getreide brauchen jetzt das Wasser", sagt Frank Schiffner, Pflanzenbauexperte vom Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern im Gespräch mit ntv.de.

Besonders den Norden hat die Trockenheit hart erwischt. In manchen Orten fielen kaum zehn Prozent des Regensolls. "Die Wasserreserven sind verbraucht, zum Teil auch schon in tieferen Schichten", so Schiffner. Und das wird jetzt Konsequenzen haben: Seitentriebe und Schoten werden nicht mehr richtig ausgebildet, das Wachstum stagniert, die Körner in den Ähren bleiben klein. Dadurch könnten die Erträge sowohl in der Qualität als auch in der Quantität womöglich niedriger ausfallen, sagt Schiffner.

Das Wurzelwerk reicht oft nicht tief genug

Das hält auch Katrin Drastig für wahrscheinlich. Die Expertin arbeitet am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie in Potsdam. Sollte es nicht bald regnen, sieht sie Probleme mit "ungleichem Wachstum und lückigen Beständen".

Ob es zu Ernteeinbußen komme, könne man jetzt noch nicht zu 100 Prozent abschätzen, sagt sie im Gespräch mit ntv.de. Doch die Sommerungen, also die Pflanzen, die im Sommer angebaut werden, sind jetzt dringend auf Wasser angewiesen: "Es gibt verschiedene Phasen der Vegetation. Es gibt Zeitpunkte, in denen die Pflanzen besonders empfindlich sind. Jetzt, wo das Wurzelwerk bei vielen Pflanzen noch nicht ausgebildet ist, ist es kritisch, wenn kein Regen fällt. Das kann dann negative Konsequenzen haben."

Dass die Lage auf den Äckern trotz Trockenheit aktuell noch recht entspannt ist, liegt an den nassen Jahren 2023 und 2024 - und daran, dass die Bauern durch die Saatbettbereitung das Wasser im Boden halten konnten, wie Drastig erklärt. "Die Winterkulturen haben ein besseres Wurzelsystem, das tiefer reicht. Sie können auf Bodenschichten zurückgreifen, die noch mit Wasser gefüllt sind." Aber auch dieses Wasser geht zur Neige, wie der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums eindrucksvoll zeigt. Die Natur fährt jetzt auf Reserve.

Welche Rolle kann die KI auf dem Acker spielen?

In einer immer wärmer werdenden Welt müssten sich die Bauern anpassen - ein Weiter so helfe nicht, sagt Drastig. "Die Grundwasserneubildung geht zurück." Und die Niederschläge verschieben sich. "Das Wasser fehlt, wenn man es braucht, es fehlt im Frühjahr und es fehlt im Sommer. Da helfen die leicht vermehrten Niederschläge im Winterhalbjahr nicht unbedingt", erklärt die Expertin. "Es ist ja auch so, dass bei steigenden Temperaturen die Evaporation, also die Verdunstung zunimmt."

Was können die Bauern also tun? In extrem trockenen Jahren hilft nur Bewässern. Das ist aber gar nicht so einfach. Laut Pflanzenbauexperte Schiffner fehlen den meisten Bauern im Nordosten die technischen Voraussetzungen und die Wasserrechte. Außerdem, so Drastig, müssen die Betriebe schauen, ob sich eine Bewässerung überhaupt lohnt: "Das Wasser kostet Geld, die Energie für die Pumpen muss bezahlt werden." Und schließlich müsse das Wasser überhaupt vorhanden sein.

Eine mögliche Lösung: Künstliche Intelligenz (KI). "Das Thema KI in der Bewässerung wird bisher kaum genutzt, so Drastig. Das sei aber ein entstehender Markt, es arbeiteten viele Wissenschaftler derzeit daran. Mit Präzisionsbewässerung könnten enorme Mengen an Wasser gespart werden, da sowohl Menge als auch Zeitpunkt der Beregnung computergesteuert werden. So werden der Expertin zufolge die spezifischen Anforderungen einzelner Pflanzen genau betrachtet. Computersysteme könnten also exakte Bewässerungsempfehlungen abgeben.

Big Data auf dem Acker

"Die Integration von Modellen des maschinellen Lernens für ein optimales Bewässerungsmanagement gewinnt zunehmend an Bedeutung. Diese Modelle helfen bei der Vorhersage des Wasserbedarfs auf der Grundlage von Wetter- und Bodenbedingungen", erklärt Drastig. Und so wird auch Big Data Einzug auf den Acker halten: "Der Einsatz von Big Data und KI zur Analyse großer Datensätze kann für fundierte Bewässerungsentscheidungen wichtiger werden", sagt Drastig. Die Maschinen lernen demnach, Vorhersagen zur Bodenfeuchtigkeit zu erstellen und so die Bewässerungspläne zu optimieren.

Nicht zuletzt dürfte sich aber auch das Aussehen der Äcker verändern. Denn zukünftig werden wohl mehr trockenresistente Kulturen angebaut. "Die Fruchtfolgen in Deutschland und Europa um weitere Pflanzen - insbesondere um Leguminosen (Hülsenfrüchte) - zu erweitern, ist ein Baustein für eine resiliente Landwirtschaft", fasst es Drastig zusammen. "Wir können auch Kulturen drillen, die früher keimen oder Zwischenfrüchte in den Blick nehmen, die besser mit trockenen Phasen umgehen können, wie zum Beispiel Kichererbsen."