"Wundersaurier" mit seltsamer Feder-Alternative entdeckt

Ein internationales Forscherteam identifiziert ein 247 Millionen Jahre altes Reptil mit einzigartigen Hautauswüchsen. Mirasaura grauvogeli liefert den frühesten Beweis für komplexe Strukturen vor den Dinosauriern. Die Entdeckung wirft auch ein neues Licht auf die Evolution.

Früher galten Dinosaurier als schuppige Tiere, erst in den vergangenen Jahrzehnten wandelte sich das Bild. Mittlerweile weiß man, dass viele Dinosaurierarten Federn trugen. Doch ein internationales Team unter der Leitung zweier Forscher aus Stuttgart hat nun ein uraltes Reptil identifiziert, das etwas entwickelt hatte, was weder Feder noch Haut ist. Aus Sicht der Forscher eine Sensation: das Reptil erhält den Namen Mirasaura grauvogeli, übersetzt "Grauvogels Wunderechse".

Als in China Ende der 1990er Jahre gefiederte Dinosaurier entdeckt wurden, die keine Vögel waren, verschwammen die Grenzen zwischen schuppigen, "kaltblütigen" Reptilien und gefiederten, "warmblütigen" Vögeln. Die älteste bekannte Dinosaurierfeder ist etwa 150 Millionen Jahre alt. Auch die Flugsaurier – Pterosaurier - trugen wahrscheinlich eine Körperbedeckung aus Federn. Nun kommt mit Mirasaura grauvogeli eine neue Art der Hautauswüchse hinzu.

Frühe Alternative zur Feder

Der baumbewohnende Saurier lebte vor 247 Millionen Jahren und besaß einen Rückenkamm mit bislang unbekannten, komplexen Hautauswüchsen, die als evolutionär sehr frühe Alternative zur Feder interpretiert werden, wie die Forscher im Fachmagazin "Nature" schreiben. Es handelt sich um einen Rückenkamm aus einzelnen, sich dicht überlappenden Hautauswüchsen, die jeweils eine federartige Kontur mit einem schmalen Mittelgrat aufweisen. Die Autoren vermuten, dass er dazu diente, Artgenossen zu imponieren.

Das Forscherteam geht davon aus, dass sich die Struktur der neuartigen Hautauswüchse von Mirasaura weitgehend unabhängig von denen der Vögel und Dinosaurier entwickelt hat. Mirasaura liefere damit den ersten direkten Beweis, dass komplexe Hautauswüchse in der Erdgeschichte deutlich früher entstanden sind als bisher angenommen.

Evolution kann vielfältig sein

"Wir haben tatsächlich eine Art 'Wundersaurier' entdeckt", sagt Stephan Spiekman, Erstautor der Studie und Wissenschaftler am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart. Mirasaura zählt zu den Drepanosauriern, besonders bizarren Lebewesen der Triaszeit: Sie hatten greiffähige Vordergliedmaßen, zum Teil große Krallen, lange, tonnenförmige Körper und einen langen, greiffähigen Schwanz. Damit konnten sie sich wie Affen an Ästen festhalten. Einige Arten hatten zu diesem Zweck sogar eine hakenförmige Kralle an der Schwanzspitze.

"Mirasaura grauvogeli zeigt, wie überraschend und vielfältig Evolution sein kann", sagte Mitautor Rainer Schoch, Leiter der Paläontologischen Abteilung am Naturkundemuseum Stuttgart. "Sie hat bereits sehr früh - lange vor den Dinosauriern - eine unerwartete Alternative zur Feder entwickelt. Solche unabhängigen Entwicklungen ähnlicher Strukturen verdeutlichen das enorme Potenzial der Evolution."