Die Übernahme von Monsanto ist für Bayer ein Debakel. Zehntausende Klagen wegen des Unkrautvernichters Glyphosat sind weiter anhängig, das finanzielle Risiko ist nicht absehbar. Für den Fall, dass ein Vergleich mit einem Großteil der Kläger scheitert, arbeitet Bayer einem Bericht zufolge an einem Plan B.
Bayer spielt Pläne durch, die US-Tochter Monsanto in die Insolvenz zu schicken. Damit könnte der deutsche Pharma- und Agrarkonzern möglicherweise milliardenschwere Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Monsanto-Unkrautvernichter Glyphosat loswerden. Das berichtet das "Wall Street Journal" unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Demnach erwägt Bayer ein entsprechendes Vorgehen für den Fall, dass ein angestrebter Vergleich mit Tausenden mutmaßlich durch Glyphosat geschädigten Klägern in den USA scheitert.
Der Wirkstoff Glyphosat, der in den USA in Produkten mit dem Markennamen Roundup verkauft wird, steht im Verdacht, Krebs zu verursachen. Bayer bestreitet das. Auch von den Behörden in den USA und in anderen Ländern wird Glyphosat nicht als krebserregend eingestuft. Dennoch musste Bayer bisher schon rund 10 Milliarden Dollar (ungefähr 8,9 Milliarden Euro) im Rahmen der Glyphosat-Prozesse zahlen. Über 67.000 Fälle sind noch anhängig. Dafür hat der Konzern 5,9 Milliarden US-Dollar an Rückstellungen gebildet.
Zuletzt verurteilte ein Gericht im US-Bundesstaat Georgia das Unternehmen zur Zahlung von mehr als zwei Milliarden Dollar an einen Kläger, der angab, durch Roundup an Krebs erkrankt zu sein. Bayer hat Berufung dagegen eingelegt. Ein Großteil der weiteren Klagen ist derzeit bei einem Gericht im Bundesstaat Missouri anhängig. Dort strebt Bayer einen Vergleich an.
Für den Fall, dass dieser Vergleich nicht gelingt und die finanziellen Lasten durch die Glyphosat-Klagen unabsehbar bleiben, käme laut "Wall Street Journal" eine Insolvenz für Monsanto in Betracht. Demzufolge hat Bayer bereits eine Anwaltskanzlei und eine Beratungsfirma engagiert, die diesen Plan prüfen. Das Unternehmen wollte sich der Zeitung gegenüber nicht äußern.
Mit einem Insolvenzverfahren nach US-Recht würde sich das Unternehmen etwa vor Forderungen seiner Gläubiger schützen. Auch der Unternehmenseigentümer verliert in dem Verfahren in der Regel seine Ansprüche an die Firma. In den vergangenen Jahren haben mehrere Konzerne in den USA gezielt Insolvenz für Tochterunternehmen angemeldet, um Schadensersatzansprüche loszuwerden. Dieses Vorgehen ist juristisch hochumstritten und kann ebenfalls jahrelange Gerichtsprozesse nach sich ziehen.
Ist Bayer mit diesem Plan erfolgreich, wäre das verlustreiche Kapitel Monsanto für die Leverkusener damit abgeschlossen. Die 63 Milliarden Dollar, die Bayer bei der Übernahme für den US-Konkurrenten bezahlte, haben sich bereits in Luft aufgelöst. Der Gesamtschaden liegt sogar weiter darüber: Als Bayer die Übernahme im Juni 2018 vollzog, war der Konzern an der Börse gut 100 Milliarden Euro wert. Heute sind davon noch gut 25 Milliarden übrig.