Vonovia-Chef Buch tritt ab

Rolf Buch formte Vonovia, führte den Wohnungskonzern in wenigen Jahren in den Dax und an die Spitze der Branche in Europa. Dann kam mit der Zinswende die Krise. Inzwischen sieht Buch sein Lebenswerk wieder auf Kurs und kündigt seinen Abschied an.

Für die einen ist sein Lebenswerk "Barbarei" und "Ausbeutung", andere loben sein "strategisches Geschick" und sein "politisches Timing". Unstrittig ist: Rolf Buch hat mit dem von ihm geschaffenen Immobilienriesen Vonovia die Immobilienbranche in Deutschland im vergangenen Jahrzehnt geprägt wie kaum jemand anderes. Nun hat er angekündigt, sich Ende dieses aus dem Unternehmen zurückzuziehen. Es ist längst in Deutschlands Börsen-Leitindex Dax und zum größten Vermieter Europas aufgestiegen.

2013 übernimmt Buch den Chefposten einer kriselnden Firma namens Deutsche Annington, die aus von Finanzinvestoren zusammengekauften Immobilienbeständen besteht. Das Unternehmen hat hohe Schulden aufgehäuft und gerade eine Umschuldung hinter sich. Buch führt das Unternehmen an die Börse, um dringend notwendiges Kapital aufzunehmen. Das Interesse von Investoren hält sich aber in Grenzen: Das erwartete Volumen des Börsengangs wird nicht erreicht, der Ausgabepreis der Aktien muss herabgesetzt werden. Doch dann beginnt eine rasante Wachstumsphase.

Dank der immer weiter sinkenden Zinsen kann Buch gigantische Übernahmen günstig finanzieren. Unter anderem kauft er 2015 die Gagfah-Immobiliengruppe mit knapp 150.000 Wohnungen - für 3,9 Milliarden Euro. Der fusionierte Wohnungsgigant erhält den Namen Vonovia. 2021 gelingt es Buch nach mehreren Anläufen, die Mehrheit an der Nummer zwei der Branche zu übernehmen: die Deutsche Wohnen mit weiteren 140.000 Wohnungen. Schon vorher war Vonovia in Deutschland längst Marktführer.

Auch an der Börse geht es nach oben: Bereits 2014 steigt der Konzern in den MDax der mittelgroßen Werte auf, 2015 folgt die Aufnahme in den Leitindex Dax. Die niedrigen Zinsen ermöglichen nicht nur die Finanzierung der rasanten Expansion, sondern treiben auch die Immobilienpreise in die Höhe. Damit steigt der Wert des Vonovia-Wohnungsbestands und auch des gesamten Unternehmens an der Börse. Der Aktienkurs vervielfacht sich innerhalb weniger Jahre von 16,50 Euro beim Börsengang bis auf knapp 59 Euro in der Spitze 2020.

Zinswende stoppt Wachstum

Dieser Wertzuwachs ist allerdings nicht nur dem Zinsniveau und der Expansion geschuldet. Unter Buchs Führung wird Vonovia zum Vorreiter bei dem, was in einer Unternehmenspräsentation nüchtern "Standardisierung, Industrialisierung und Prozessoptimierung" der Wohnungsbewirtschaftung genannt wird. Was das heißt? Vonovia erzielt durch seine Größe erhebliche Kostenvorteile, etwa beim Einkauf von Baumaterialien. Außerdem werden neue Einkommensquellen erschlossen: Vonovia lässt viele Dienstleistungen jenseits der Vermietung von Tochterunternehmen erbringen, beispielsweise bei der Reinigung. So verdient Vonovia an den Nebenkosten mit, die bei anderen Vermietern an externe Dienstleister gehen.

Die Ära Buch bei Vonovia ist aber nicht nur von schnellem Wachstum und steigenden Gewinnen geprägt. Als 2021 die Inflation und anschließend auch die Zinsen steigen, gerät die gesamte Branche in eine Krise. Die hohen Schulden sind kaum noch tragbar, gleichzeitig sinkt der Wert des Immobilienbestands. Buch reagiert und schaltet von Expansion auf Schrumpfung. Er verkauft Tausende Wohnungen. 2023 fällt die Aktie kurzzeitig unter den Ausgabekurs des Börsengangs vor zehn Jahren.

Mittlerweile hat sich der Kurs wieder erholt, die Aktie kostet rund 30 Euro und damit fast doppelt so viel. Kritikern zufolge fließt rund die Hälfte der Mietzahlungen bei Vonovia ins Vermögen der Aktionäre. Sie werfen dem Konzern intransparente Abrechnungen der internen Dienstleister vor. Außerdem vernachlässige Vonovia die Instandhaltung vieler Immobilien systematisch und setze stattdessen auf Sanierungen, deren Kosten auf die Mieter umgelegt werden können.

Buch selbst hat solche Kritik stets zurückgewiesen. "Bei uns kann es nie nur um Wirtschaftlichkeit gehen", sagte er etwa in einem Interview mit der Deutschen Welle. "Wenn die Gesellschaft findet, wir würden keinen Mehrwert mehr liefern, dann verlieren wir quasi unsere 'Betriebserlaubnis'." Unter anderem gab Buch Mietern über 70 Jahren eine "Wohngarantie".

Für das erste Quartal 2025 vermeldete Buch eine deutliche Steigerung des Betriebsgewinns. Nicht nur deswegen sieht der 60-Jährige jetzt den richtigen Zeitpunkt gekommen, die Übergabe an seinen wahrscheinlichen Nachfolger und derzeitigen Finanzchef des Telekom-Konzerns Vodafone, Luka Mucic, vorzubereiten. Der Termin sei auch mit dem Regierungswechsel in Berlin gut gewählt. Dies sei ein guter Zeitpunkt für den neuen Vorstandsvorsitzenden, sich Kontakte in die Politik aufzubauen.