Eine Gruppe von US-Bundesstaaten klagt gegen die Regierung von Präsident Trump. Sie werfen ihr Erpressung vor: Sie halte Gelder zurück, um Trumps Einwanderungspolitik durchzudrücken. An der Klage könnte sich entscheiden, in welche Richtung das politische System der USA sich entwickelt.
Sie seien das Opfer einer "Geiselhaft" - 20 US-amerikanische Bundesstaaten haben an einem Bezirksgericht Klage gegen die US-Regierung von Präsident Donald Trump eingereicht. Die Regierung drohe damit, Gelder zurückzuhalten, um Bundesstaaten wie Kalifornien, New York oder Michigan auf Trumps migrationspolitische Linie zu bringen. Gelder, die eigentlich helfen sollen, die Bundesstaaten zu schützen: vor Fluten und Erdbeben, Terrorangriffen oder Cyberattacken. Gelder, auf die die Bundesstaaten nach eigener Aussage nicht verzichten können.
In ihrer Klageschrift werfen Kalifornien und Co. der Trump-Regierung vor, ihre vom Obersten Gericht garantierte Autonomie zu beschneiden. Der Bund nehme Finanzmittel in Geiselhaft. Die Bundesstaaten müssten sich entscheiden: zwischen Katastrophenschutz und ihrer eigenen Entscheidungshoheit bei der Strafverfolgung.
Das Heimatschutzministerium formulierte Ende März Bedingungen für die Auszahlung von Finanzmitteln. Bundesstaaten, die bestimmte Gelder aus Washington erhalten wollen, sollen künftig:
- Informationen über die Staatsangehörigkeit oder den Einwanderungsstatus ihrer Bürger an das Ministerium weitergeben
- mit den Bundesbehörden kooperieren: gemeinsame Einsätze durchführen, Ausländer festnehmen
- Einwanderungsbeamten Zugang zu Gefängnissen gewähren
- Programme beenden, die "illegale Einwanderer begünstigen oder Anreize für illegale Einwanderung schaffen". Was das genau bedeutet, ist nicht definiert.
"Alles rechtlich Mögliche"
Die vermeintliche rechtliche Grundlage dafür hatte Trump am ersten Tag seiner Präsidentschaft unterschrieben - "zum Schutz des amerikanischen Volkes vor Invasion". In dem Dekret richtet sich der Präsident an Justizministerin Pam Bondi und ihre Amtskollegin aus dem Heimatschutzministerium, Kristi Noem: Sie sollten "alles rechtlich Mögliche" tun, um bestimmten Staaten und Kommunen den Zugang zu Bundesmitteln zu verwehren. Die Maßnahme zielt auf Bundesstaaten oder Orte, die in den USA als "sanctuary jurisdictions" bezeichnet werden, da sie gar nicht oder nur eingeschränkt mit den Einwanderungsbeamten des Bundes zusammenarbeiten.
Dies hat unterschiedliche Gründe. Einwanderungskontrolle ist Sache des Bundes, lokale Behörden sind dazu nicht verpflichtet, teils fehlen ihnen die Mittel und Wege. Gleichzeitig lehnen viele Städte eine harte Einwanderungspolitik ab, wollen Familien nicht auseinanderreißen. Sie befürchten zudem, das Vertrauen von Migranten in die lokale Polizei könnte schwinden, wenn diese mit der für Abschiebungen zuständigen Einwanderungsbehörde ICE zusammenarbeitet.
Trump versucht, dies zu erzwingen, damit er sein Wahlversprechen einlösen kann: millionenfache Abschiebungen. In der Klageschrift betonen die 20 Staaten, wie dringend sie auf die bedrohten Programme angewiesen sind. Auf ihre insgesamt mehr als zwei Milliarden Dollar jährlich, "um Straßen zu verbessern, Flugzeuge in der Luft zu halten, auf Notfälle vorbereitet zu sein", so formuliert es der kalifornische Generalstaatsanwalt Rob Bunta. Auf die rund 700 Millionen für Erste-Hilfe-Kurse, Spezialkräfte der Polizei oder digitale Sicherheit.
Die Bundesstaaten formulieren in ihrer Anklageschrift zwei Grundprinzipien, die Trumps Regierung in ihren Augen verletzt: Demnach dürfen Bundesbehörden nicht die Befugnisse überschreiten, die ihnen der Kongress zugewiesen hat. Außerdem dürfe die Regierung ihre Finanzmacht nicht dafür nutzen, Bundesstaaten zu einer bestimmten Politik zu zwingen.
Bekommt Trump mehr Macht
Die Bundesstaaten stellen mit ihrer Klage eine entscheidende Frage: Kommt Trumps Regierung mit ihrem Vorgehen durch? Darf sie ihre Macht ausweiten auf Bereiche, über die die Bundesstaaten bisher selbst verfügen? Darf sie dafür Gelder als Druckmittel verwenden, die der Kongress zugeteilt hat?
Kongress und Bundesstaaten sind zwei wichtige Machtzentren im US-amerikanischen System, die damit den Einfluss des Präsidenten begrenzen. Verlieren die Bundesstaaten den von ihnen angezettelten Rechtsstreit, könnte ein Teil ihrer Befugnisse ins Weiße Haus abwandern. Ob das passiert, wird am Ende womöglich das Oberste Gericht entscheiden.
Sollte die Klage dort landen, stehen die obersten Richterinnen und Richter des Landes vor folgender Frage: Geben sie dem Präsidenten noch mehr Macht, oder bestätigen sie die Verfügungsgewalt der Bundesstaaten über bereits vom Kongress bewilligte Gelder? Sechs der neun Richterinnen und Richter am Supreme Court werden zum Lager der Republikaner gerechnet, drei von ihnen nominierte Präsident Trump in seiner ersten Amtszeit. Immer wieder urteilte das Gericht in den vergangenen Jahren zu dessen Gunsten.