Wolfram Weimer will Zeichen gegen Antisemitismus setzen

Wenige Stunden ist Wolfram Weimer im Amt, als er zum ersten Rundumschlag ausholt. Sein Amtsleiter soll gehen. Wenig später trifft er sich mit dem Chef des Zentralrats der Juden. Nun kündigt Weimer Veränderungen an.

Der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer nimmt sich als erstes großes Thema die Bekämpfung von Antisemitismus vor. Als ersten Gast nach dem Amtsantritt empfing Weimer den Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. "Ich möchte gleich an meinem ersten Tag ein Zeichen setzen, dass die in Schieflage geratene Beziehung vom BKM zur jüdischen Community wieder hergestellt wird und ein konfliktreiches Kapitel der deutschen Kulturpolitik ein Ende findet", sagte Weimer.

Weimer bezeichnete das Treffen "als Zeichen der Solidarität und einer verlässlichen Partnerschaft". Nach dem Termin sprach er von einem vertrauensvollen Gespräch. Zentralratspräsident Schuster würdigte es als "starkes Zeichen", dass Weimer das Gespräch suche. Es sei darum gegangen, wie "der wachsende Antisemitismus in Deutschland, insbesondere auch im Kulturbereich, noch entschlossener und wirksamer bekämpft werden kann", teilte die Regierung mit.

Hintergrund ist die Kritik des Zentralrats der Juden in Deutschland an antisemitischen Darstellungen auf der Kunstausstellung documenta in Kassel 2022 und an Äußerungen zum Gaza-Krieg während der Berlinale-Gala im vergangenen Jahr. Schuster hatte klare Richtlinien für die Kultur gefordert. Die Erfahrungen der letzten Jahre hätten gezeigt, "dass Antisemitismus in Kunst und Kultur nicht nur fest verankert ist, sondern sich stetig bedrohlich weiterentwickelt", sagte Schuster vor einiger Zeit.

Weimer will "faire und gerechte Lösungen finden"

Weimer erklärte: "Für mich ist es schmerzlich, ja unerträglich, zu sehen, wie der Antisemitismus in die Gesellschaft hineinkriecht. Auch im Kulturbereich haben wir, insbesondere seit dem barbarischen Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, zunehmend Boykottaufrufe oder andere Aktionen gegen jüdische Künstlerinnen und Künstler erleben müssen, die inakzeptabel sind. Dem werde ich mich mit aller Kraft entgegenstellen."

Mit Schuster will Weimer nach eigenen Worten in regelmäßigem Kontakt bleiben. Thema seines Gesprächs mit dem Zentralrat war demnach auch die Rückgabe von Kunstwerken, die zur NS-Zeit geraubt oder enteignet wurden. "Wir haben darüber gesprochen, dass ich in Abstimmung mit dem Zentralrat und der Jewish Claims Conference sehr schnell die Mitglieder der Schiedsgerichtsbarkeit benennen möchte", sagte der Kulturstaatsminister. "Das ist ein wichtiger Schritt, faire und gerechte Lösungen zu finden."

Mit Blick auf den 80. Jahrestag des Kriegsendes und des Endes der NS-Gewaltherrschaft in Deutschland und Europa am morgigen Donnerstag erinnerte Weimer zudem an die millionenfache Ermordung von Jüdinnen und Juden in den Verbrechen des Holocausts. "Es bleibt unsere immerwährende Aufgabe, die Verbrechen der Nationalsozialisten aufzuarbeiten und nachfolgende Generationen über das Geschehene aufzuklären. Die Singularität der Shoah mahnt uns, heute energisch gegen jede Form des Antisemitismus einzutreten", hob er hervor. "Insbesondere den Holocaust, das Verbrechen der millionenfachen Ermordung der Juden, werden wir nie vergessen."

Entlassung als erste Amtshandlung

Weimer gab nach seiner Ernennung am Dienstagabend eine erste Personalie bekannt: Der bisherige Amtsleiter beim Staatsminister für Kultur und Medien Andreas Görgen wird durch dessen Stellvertreter Konrad Schmidt-Werthern ersetzt. Schmidt-Werthern arbeitet seit Herbst 2024 im BKM-Stab mit etwa 450 Mitarbeitern. Zuvor war er Abteilungsleiter in der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Leiter des Kulturamts der Stadt Köln.

Weimer hatte gestern die Nachfolge der Grünen-Politikerin Claudia Roth angetreten. Der 60-Jährige war Gründer des Magazins "Cicero". Zuvor arbeitete er unter anderem als Chefredakteur der "Welt" und der "Berliner Morgenpost". Für ntv.de schrieb er lange die Kolumne "Person der Woche".