Ist zu viel Obst ungesund?

Obst und Gemüse gelten gemeinhin als uneingeschränkt gesunde Nahrungsmittel. Doch im Internet werden zuletzt immer häufiger Stimmen laut, die auf den hohen Zuckergehalt in Früchten aufmerksam machen. Kann man tatsächlich zu viel Obst essen? ntv.de fragt nach.

Gesundheitstipps aus dem Internet soll man ja mit Vorsicht genießen, vor allem, wenn sie von Tiktok kommen. Auf der Plattform für Kurzvideos werden allerlei Ratschläge gegeben, neuerdings von Fitness-Influencerinnen, die behaupten, der Gesundheit halber nicht nur auf Industriezucker, sondern auch auf Obst zu verzichten. Denn viele Obstsorten enthalten neben Wasser, Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen auch viel Fruchtzucker. Ist zu viel Obst also ungesund?

"Eine generelle Obergrenze für den Obstverzehr lässt sich nicht festlegen", sagt Claudia Müller von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ntv.de. Das liegt an einem Inhaltsstoff von Obst, welcher den Zucker sozusagen entschärft. Die meisten Menschen können daher bedenkenlos Obst essen - lediglich Menschen mit gewissen körperlichen Einschränkungen sollten ihren Obstverzehr im Auge behalten.

Obst enthält Zucker-Bremse

Fruchtzucker (Fruktose) bildet in Verbindung mit Traubenzucker (Glukose) den Haushaltszucker (Saccharose). Bei übermäßigem Konsum kann Fruchtzucker gesundheitliche Probleme hervorrufen: zum Beispiel Karies deutlich verschlimmern, eine Fettleber fördern und die Blutfettwerte steigern. Doch beim Obst kommt noch etwas anderes hinzu.

Denn Obst enthält nicht nur Zucker. Die vielen Ballaststoffe verzögern die Aufnahme des Fruchtzuckers im Darm. Sie bilden eine Barriere zwischen den Verdauungsenzymen und dem Zucker oder binden sich direkt an die Zuckermoleküle. Dadurch wird der Zucker langsam über einen längeren Zeitraum aufgenommen. Das verhindert einen zu hohen Anstieg des Blutzuckerspiegels direkt nach der Mahlzeit und fördert gleichzeitig das Sättigungsgefühl. Dank der Ballaststoffe können die meisten Menschen also eigentlich nicht zu viel Obst essen, bevor sie satt sind.

Für Diabetiker nur in Maßen

Ausnahmen bilden etwa Diabetiker - der im Obst enthaltene Fruchtzucker steigert den Blutzuckerwert, weswegen Menschen mit Diabetes nicht mehr als zwei Portionen Obst am Tag empfohlen werden. "Damit der Blutzuckerspiegel nach einer Obstmahlzeit nicht so stark ansteigt, ist es hilfreich, das Obst zusammen mit einer Portion Joghurt, Quark oder Müsli zu essen", rät Müller.

Eine weitere Ausnahme stellen Menschen dar, die unter einer Fruktoseintoleranz leiden. Dadurch kann ihr Körper Fruchtzucker nicht vollständig aufnehmen, was zu Verdauungsbeschwerden führt. Betroffene müssen laut Müller individuell austesten, wie viel Fruchtzucker sie vertragen, und können die Verträglichkeit eventuell über die Kombination mit Proteinen und Fetten verbessern.

Eher nicht zu wenig Obst essen

Allen anderen sollten lieber darauf achten, nicht zu wenig Obst und Gemüse zu essen, so Müller: Täglich sollte jeder auf fünf Portionen kommen. "Als Maßeinheit für eine Portion dient die eigene Hand." Eine Portion Obst sei für einen Erwachsenen etwa eine Frucht wie ein Apfel oder eine Orange, zwei Handvoll Beeren oder eine Handvoll getrockneter Aprikosen.

Für Kinder fallen die Portionen entsprechend kleiner aus. Diese Menge sollte aber auch nur im Wochendurchschnitt ungefähr erreicht werden, sagt Müller. Sinnvoll sei es, darauf zu achten, Obst frisch und wenn möglich mit Schale zu verzehren. Allerdings zählen laut Müller auch Trockenfrüchte und Saft zu den Portionen.

Übrigens: Smoothies werden zwar aus Obst hergestellt, enthalten aber weniger Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe - dafür aber mehr Fruchtzucker pro Verzehrmenge. Außerdem hat frisches Obst ein größeres Volumen und füllt den Magen besser aus. "Die Menge Obst würde vermutlich nicht in einer Mahlzeit gegessen werden", erklärt Müller. Festes Obst macht deshalb bei gleicher Obstmenge schneller satt als ein Smoothie.