Die von der Unionsfraktion überraschend abgelehnte Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht äußert sich erstmals ausführlich öffentlich. Für die CDU-Politikerin Connemann ändert sich dadurch nichts. Die Wirtschaftsstaatssekretärin äußert sich bei ntv zudem zur Idee eines "Boomer Soli".
Die Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung, CDU-Politikerin Gitta Connemann, zeigt sich unbeeindruckt vom Talk-Show-Auftritt der Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf. Auch die Andeutung der Juristin, ihre Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht unter Umständen zurückzuziehen, trage nicht zur schnellen Lösung des Konflikts innerhalb der Regierungskoalition bei. "Eine solche Frage wird am Ende weder in Talkshows noch in den Medien entschieden, sondern es ist eine Frage, die im Gespräch zwischen den Koalitionsfraktionen zwischen SPD, CDU und CSU entschieden werden muss", sagte Connemann in der ntv-Sendung "Frühstart".
Nach Ansicht der Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium ist die Personalfrage bei der Nachbesetzung frei werdender Richterposten in Karlsruhe zu stark emotionalisiert. Zudem könne sie nicht öffentlich entschieden werden. Mit Verweis auf Bundeskanzler Friedrich Merz sagte Connemann: "Das Gespräch muss zwischen SPD, CDU und CSU erfolgen, und zwar miteinander."
Brosius-Gersdorf hatte sich am Abend in der ZDF-Sendung von Markus Lanz ausführlich zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen geäußert und sich gegen "Diffamierungen" verwahrt. Weite Teile der Unionsfraktion hatten der von der SPD vorgeschlagenen Kandidatin kurz vor der verabredeten Wahl am vergangenen Freitag das Vertrauen entzogen. Die SPD hält bislang an der Kandidatin fest. Bundeskanzler Merz kündigte am Sonntag eine Lösung des koalitionsinternen Streits bis zum Ende der parlamentarischen Sommerpause im September an.
Connemann lehnt "Boomer-Soli" ab
Den drohenden Handelskonflikt mit den USA betrachtet Connemann mit Sorge: Die von Trump angekündigten Zölle auf EU-Produkte hätten extreme Auswirkungen. Deswegen sei es wichtig, dass sich die EU vorbereite und auch mit Gegenzöllen drohe. Ideal sei eine Verhandlungslösung, so Connemann. Insgesamt benötige die Wirtschaft aber weitere Entlastungen.
Sehr hart ging Connemann mit dem Konzept des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ins Gericht, mit einem "Boomer-Soli" das Rentensystem zu entlasten. Connemanns Haupteinwand lautete, dass solch ein Vorgehen den Menschen Verlässlichkeit raube. "Jemand, der in die Rente eintritt, der sein Portfolio berechnet hat, (…) dem kann ich nicht so mal über Nacht sagen, ich nehme dir davon zehn Prozent weg", sagte Connemann. Die Menschen bräuchten Planungssicherheit und Vertrauen, nicht nur in der Altersvorsorge. "Deshalb Vorschläge aus der Hüfte geschossen, mal über Nacht, sind eine Katastrophe und auch Gift für den Standort."
Die Idee des DIW sieht vor, dass Bezieher hoher Alterseinkommen einen kleinen Teil davon an arme Rentner abgeben. Im Gespräch ist ein Freibetrag von 1.048 Euro monatlich auf alle Alterseinkünfte - gesetzliche Rente, Pensionen, Betriebsrenten, Renten aus privater Altersvorsorge, Mieten, Kapitalerträge. Sämtliche Einnahmen oberhalb des Freibetrags könnten mit einer Sonderabgabe von 10 Prozent belegt werden und anschließend an Rentner mit geringen Einkommen verteilt werden. Das Rentensystem läuft wegen der wachsenden Zahl an Beziehern immer stärker in ein Finanzierungsproblem rein, das nicht allein durch Zuschüsse aus Steuermitteln oder höhere Beitragszahlungen gelöst werden kann.