Im US-Bundesstaat Minnesota werden eine Politikerin und ihr Ehemann erschossen, ein weiterer Politiker und seine Frau angegriffen. Nach intensiver Fahndung gelingt die Festnahme des mutmaßlichen Täters. Das ist bisher über den 57-Jährigen bekannt.
Nach der größten Fahndung des US-Bundesstaates Minnesota wird der mutmaßliche Täter nach den tödlichen Schüssen auf eine Politikerin und ihren Ehemann gefasst. "Das Gesicht des Bösen", betitelte der Sheriff das Bild von Vance Luther Boelter, das den 57-Jährigen nach seiner Festnahme zeigt.
Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler verkleidete sich der mutmaßliche Schütze als Polizist und trug eine Uniform, eine Weste und eine Halloween-Maske, als er seinen Angriff in dem Vorort im Norden von Minnesota startete. Er fuhr ein als Polizeiauto getarntes Fahrzeug mit Blaulicht.
Am frühen Samstagmorgen (Ortszeit) soll er dann zunächst die demokratische Abgeordnete Melissa Hortman, die dem Parlament von Minnesota angehörte, und ihren Ehemann Mark im Wohnhaus des Paares in der Stadt Brooklyn Park erschossen haben. Bei einem weiteren Angriff im nahegelegenen Champlin schoss er mutmaßlich den demokratischen Senator aus dem Parlament des Bundesstaates, John Hoffman, und dessen Ehefrau Yvette nieder. Beide wurden schwer verletzt, sind aber inzwischen außer Lebensgefahr.
Viel "Fantasie"
Boelter lebte etwas außerhalb von Green Isle, einer Gemeinde in Minnesota mit etwa 600 Einwohnern, etwa eine Stunde südwestlich der Twin Cities, sagte Bürgermeister Shane Sheets gegenüber USA Today. Er gehörte keiner politischen Partei an, war aber 2022 als Wähler der Republikaner registriert. CNN stufte den Mann nach der Auswertung verschiedener Online-Profile als evangelikalen Christen ein. Demnach hatte er in der Vergangenheit Missionsarbeit geleistet und sich gegen Abtreibung ausgesprochen.
Online präsentierte sich Boelter als Sicherheitsexperte, der auch für globale Unternehmen gearbeitet hatte. In Social-Media-Posts und auf Websites behauptete er, er verfüge über umfangreiche Erfahrung als Sicherheitsexperte und sei "sowohl bei privaten Sicherheitsfirmen als auch beim US-Militär ausgebildet worden". US-Medien konnten seine Angaben jedoch nicht bestätigen. Laut NPR soll er vielmehr den Großteil seiner Karriere in der Gastronomie gearbeitet haben.
Ein langjähriger Freund bezeichnete Teile von Boelters Lebensgeschichte als "Fantasie". In einem Interview mit Fox News 9 Minneapolis-St. Paul sagte David Carlson: "Er war schon immer irgendwie an Militärkram interessiert." Auf der Website eines Unternehmens namens Praetorian Guard Security Services, LLC beschrieb sich Boelter selbst als Teil des "Führungsteams". Die Firma scheint jedoch keine Kunden zu haben, die Kontaktdaten führten zu einem Privatanschluss. Laut Carlson hatte Boelter tatsächlich gehofft, eine Sicherheitsfirma zu eröffnen und kaufte Polizeiautos, um sie später für sein Unternehmen zu nutzen. Doch das Projekt wurde nie verwirklicht. Bekannte berichten auch von Geldproblemen.
"Todesliste" und ideologische Motive
Drew Evans, Leiter des Bureau of Criminal Apprehensions (BCA) in Minnesota, kündigte an, man werde sich Boelters Hintergrund genau ansehen. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran", sagte Evans und wies darauf hin, dass Boelter eine schriftliche Nachricht hinterlassen habe, die von den Strafverfolgungsbehörden sichergestellt und noch nicht veröffentlicht wurde.
Demnach fanden Einsatzkräfte in Boelters Auto neben einer größeren Menge Munition auch eine Liste mit Namen mehrerer Amtsträgerinnen und Amtsträger. Laut dem US-Sender CNN standen auf der Liste unter anderem Politiker aus Minnesota und anderen Bundesstaaten sowie Befürworter des Rechts auf Abtreibung und reproduktive Gesundheitskliniken. Medien sprechen von einer "Kill-List" mit mehr als 50 Namen.
Boelter und Hoffman saßen von 2019 bis 2023 gemeinsam im Workforce Development Board. Das 60-köpfige Gremium berät den Gouverneur unbezahlt und überparteilich in Fragen des Arbeitsmarktsystems und der Arbeitskräfteentwicklung. Es ist aber unklar, wie eng der persönliche Kontakt zwischen beiden war. Zu Hortman scheint es keine direkte Verbindung zu geben. Sie spielte laut "New York Times" 2023 eine zentrale Rolle bei der Verabschiedung von Gesetzen, die das Recht auf Abtreibung ausweiteten, Marihuana für den Freizeitgebrauch legalisierten und Arbeitgeber verpflichteten, bezahlten Krankenurlaub anzubieten.
Gouverneur Walz bezeichnete die Taten am Sonntagabend als politisch motivierte Morde. Die gezielte Auswahl der Opfer und die Vorbereitung sprechen für einen geplanten, politisch motivierten Anschlag auf demokratische Politiker und deren Umfeld, berichten mehrere US-Medien unter Berufung auf Ermittlerkreise. Es werde geprüft, ob eine Radikalisierung oder angestaute Ressentiments gegen aktuelle politische Entscheidungen, insbesondere im Zusammenhang mit Abtreibungsrechten oder der Einwanderungspolitik, bei den Taten eine Rolle gespielt haben könnten. In Boelters Auto wurden zudem Flugblätter gefunden, die mit dem Protestmotto "No Kings" in Verbindung stehen, was auf eine generelle Ablehnung politischer Eliten oder bestimmter politischer Entwicklungen hindeuten könnte.