Trumps Kindervergleich zeigt das ganze Problem

Bundeskanzler Merz will US-Präsident Trump wieder zu einem Unterstützer der Ukraine machen. Das stellt er durchaus geschickt an. Doch eine Äußerung Trumps zeigt, warum das so schwierig ist.

Eines der Ziele der USA-Reise von Bundeskanzler Friedrich Merz war es, Präsident Donald Trump wieder mehr auf die Seite der Ukraine zu ziehen. Vor allem ging es ihm darum, Trump von weiteren Sanktionen gegen Russland zu überzeugen. Bei dem Treffen im Oval Office forderte er ihn dann auch ausdrücklich dazu auf, den Druck auf Russland zu erhöhen. Trump sagte, er sei offen dafür. Sanktionen sollten aber vielleicht beide Kriegsparteien treffen, also auch die Ukraine. "Es braucht zwei für einen Tango", sagte Trump.

Wie er das meinte, erklärte er anschließend. Manchmal sehe man zwei junge Kinder, die "wie verrückt" kämpfen. Die Analogie habe er am Vortag in seinem Telefongespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gebraucht, erzählte er. "Sie hassen sich, sie kämpfen in einem Park", sagte er. "Man will sie trennen, das wollen sie nicht, … manchmal ist es besser, sie einfach eine Weile kämpfen zu lassen und sie dann zu trennen", so der US-Präsident. "Man sieht das auch im Hockey, im Sport. Die Schiedsrichter lassen sie ein paar Sekunden gewähren."

Bloß ein Schiedsrichter?

Es sind solche Worte, die das Problem mit Trump und dem Ukraine-Krieg zeigen. Gar nicht mal, weil er den blutigen Krieg zweier Staaten mit einer Rauferei von Kindern vergleicht und diesen damit verharmlost. Das war wohl nicht seine Absicht - er wolle das Sterben beenden, sagte er an anderer Stelle und zeigte sich erschüttert über die vielen Toten. Das Problem ist eher, dass Trump sich mit dem Schiedsrichter vergleicht. Oder mit den Eltern, die dazwischengehen.

Diese Haltung zeigte er auch schon bei dem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Trump wurde auch deswegen immer gereizter, weil Selenskyj vehement Sicherheitsgarantien einforderte. Das würde aber bedeuten, dass Trump sich eindeutig hinter die Ukraine stellt. Das will er nicht. Trump sieht sich als Vermittler, als Schiedsrichter, als Erwachsener, der dazwischengeht.

Doch Putin hat sich entschieden, diesen Krieg zu führen und eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld zu suchen. Die Toten sind ihm offensichtlich egal, solange er ausreichend neue Soldaten an die Front schicken kann. Wenn da ein US-Präsident kommt und sagt: Lasst uns einen Deal machen, geht das an der Realität vorbei. Putin ist nicht an einem Deal interessiert. Zumindest so lange er meint, den Krieg gewinnen zu können. Was auch die ergebnislosen Gespräche in Istanbul und Telefonate mit Trump erklärt.

Trump sieht offenbar keine eigenen Interessen

So war es kein Wunder, dass Trump sich nicht auf Sanktionen festlegen wollte. Immerhin lehnte er sie nicht ab. Auch dem Sanktionspaket, das der US-Senat will, erteilte er keine Absage. Er blieb aber im Ungefähren, hielt sich alle Optionen offen. Ein Fortschritt in Sachen gemeinsame Sanktionen der USA und der EU ist nicht zu erkennen.

In Trumps Vergleich mit der Kinderrauferei im Park oder einer Prügelei von Eishockey-Spielern entlarvt sich noch eine andere Haltung: Die des eigentlich unbeteiligten Zuschauers. Wer streitende Kinder trennt, müsste das eigentlich nicht tun. Er tut es aus freien Stücken, um Tränen zu vermeiden. So scheint Trump auf den Ukraine-Krieg zu blicken.

Dazu passt Trumps Drohung, sich ganz aus dem Konflikt zurückzuziehen, wenn Ukrainer und Russen sich nicht einigen. Nach dem Motto: Dann macht doch euren Kram allein. Eigene Interessen erkennt er nicht. Dass ein von Russland erpressbares Europa als Verbündeter wegfiele und damit auch die Amerikaner schwächt, sieht er nicht. Oder es ist ihm egal.

Europäer brauchen Waffen

Für die Europäer stellt sich die Lage vollkommen anders dar. Für sie geht es um alles. Um Sicherheit, Freiheit, Wohlstand. Russland könnte nach einem Erfolg in der Ukraine einfach weiter angreifen. Die Rüstungsproduktion läuft auf Hochtouren. Für die Menschen auf diesem Kontinent geht es nicht um eine Rauferei im Park oder "weit hinten in der Türkei", wie es Goethe mal formulierte. Es geht um einen Angriff vor der eigenen Haustür. Oder im eigenen Land, denn auch die Ukraine ist ein Teil Europas. Sie brauchen keinen Vermittler. Sie brauchen Waffen, Munition und Schutz.

Ein mitgereister deutscher Journalist fragte Merz mit leichter Entgeisterung in der Stimme, ob er die Analogie von den streitenden Kindern teile. Man darf davon ausgehen, dass Merz das nicht tut. Er antwortete geschickt, er und Trump fänden den Krieg beide schrecklich und wollten ihn beenden. Trump sei die Schlüsselfigur auf der Welt, um diesen Krieg zu beenden.

Das sollte ihm wohl schmeicheln, hätte aber für jeden US-Präsidenten gegolten. Merz rief den D-Day in Erinnerung, die Landung der Alliierten in der Normandie. Auch jetzt könnten die Amerikaner wieder etwas Großes tun. Auch sprach er die Tausende ukrainischer Kinder an, die Russen entführt haben. Womit er an die Gefühle der Amerikaner, auch der an den Fernsehbildschirmen, appellierte.

Das waren offenbar vorbereitete Worte, und sie waren gut gewählt. Trump nickte auch immer wieder dazu. Aber solange er nicht aufhört, sich als unbeteiligter Vermittler zu sehen, bleibt der US-europäische Schulterschluss gegen Russland in weiter Ferne.