Kanzler Merz sieht AfD-Verbotsverfahren "sehr skeptisch"

Wenn es um ein Parteienverbot der "Alternative für Deutschland" geht, wittert Friedrich Merz schnell den Vorwurf der "Konkurrentenbeseitigung". Der Bundeskanzler kritisiert zugleich, wie die Vorgängerregierung mit dem brisanten Bericht des Verfassungsschutzes umgegangen ist.

Bundeskanzler Friedrich Merz sieht die Rufe nach einem AfD-Verbotsverfahren nach eigenen Worten "sehr skeptisch". "'Aggressiv kämpferisch' gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu arbeiten, das muss nachgewiesen werden. Und die Nachweispflicht liegt ausschließlich beim Staat", sagte der CDU-Vorsitzende der Wochenzeitung "Die Zeit". "Und ich habe mich innerlich immer dagegen gewehrt, aus der Mitte des Bundestages heraus Verbotsverfahren zu betreiben. Das riecht mir zu sehr nach politischer Konkurrentenbeseitigung."

Die Rufe nach der Einleitung eines Verbotsverfahrens waren lauter geworden, nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft hatte. Wegen des juristischen Vorgehens der AfD dagegen liegt die Einstufung aber vorerst auf Eis. Über ein Parteiverbot müsste auf Antrag von Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Merz kritisierte den Umgang der Vorgängerregierung mit dem Bericht des Bundesverfassungsschutzes zur AfD. "Ich bin nicht glücklich mit dem Ablauf dieses Verfahrens", sagte er. "Da wird von der alten Regierung ohne sachliche Prüfung ein Bericht vorgestellt, der gleichzeitig als Verschlusssache eingestuft ist. Die AfD klagt dagegen. Ich kenne den Inhalt dieses Berichtes nicht, ich will ihn ehrlich gesagt auch nicht kennenlernen, bevor nicht das Bundesinnenministerium daraus eine Bewertung abgeleitet hat." Bis das erfolgt sei, werden nach seiner Einschätzung Wochen und Monate vergehen.

Am vergangenen Sonntag waren bei einem bundesweiten Aktionstag Menschen in zahlreichen deutschen Städten für ein Verbot der AfD auf die Straße gegangen. Aufgerufen zu den Kundgebungen unter dem Motto "Keine Ausreden mehr - AfD-Verbot jetzt" hatten das Netzwerk "Zusammen gegen Rechts" und weitere zivilgesellschaftliche Organisationen. Die AfD sei eine konkrete Gefahr, die aber gestoppt werden könne, so die Initiatoren. Das Grundgesetz sehe das vor. Man dürfe nicht zuschauen und abwarten. "Wir müssen Demokratie und Grundrechte verteidigen."

Söder warnt vor "übertriebener Reaktion"

Auch andere Unionsvertreter äußerten zuletzt ihre Skepsis. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte in der "Welt am Sonntag": "Alle namhaften Rechtsexperten sagen, dass ein solches Verfahren nach jetziger Sachlage sehr schwierig sein würde und der Ausgang ungewiss." Ähnlich äußerte sich CSU-Chef Markus Söder. "Ein Verbotsverfahren, das hielte ich für den falschen Weg", sagte er der "Bild am Sonntag". Ein entsprechendes Vorgehen wäre eine "übertriebene Reaktion". "Nebenbei bemerkt weiß keiner, wie es ausgeht und dann gründet sich einfach eine neue Gruppierung. Man kann jetzt nicht dieses Spiel betreiben, alle drei Jahre eine Partei zu verbieten."

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann wertete solche Äußerungen als Verharmlosung der AfD. "Wer sich wie Carsten Linnemann darauf ausruht, zu sagen, Protest oder Frustration könne man nicht verbieten, negiert die Gefahren, die von der AfD ausgehen, und verharmlost eine Partei, die unsere Verfassung angreift", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Nötig sei umgehend eine Prüfung und zeitnah eine Einleitung eines Verbotsverfahrens. "Die CDU muss sich spätestens jetzt den Gefahren, die von der AfD ausgehen, stellen und sich klar positionieren."