Eine Mitarbeiterin beschuldigt den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs sexueller Übergriffe. Der 55-Jährige dementiert und dringt auf eine Untersuchung. Nun tritt er einen Schritt zurück und lässt sein Amt vorübergehend ruhen.
Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, ist im Zusammenhang mit einer Untersuchung über mutmaßliche sexuelle Übergriffe vorübergehend zurückgetreten. Bis zum Abschluss einer Untersuchung lege er sein Amt nieder, teilte das Gericht mit. Eine Mitarbeiterin des 55-Jährigen hatte ihn im vergangenen Jahr mehrerer sexueller Übergriffe über einen längeren Zeitraum hinweg beschuldigt. Der Ankläger hatte die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen und selbst auf eine unabhängige Untersuchung gedrängt.
Eine Kommission der UN untersucht die Beschuldigungen seit November. Ergebnisse werden in Kürze erwartet. Während seiner Abwesenheit würden Khans Stellvertreter dessen Aufgaben übernehmen, teilte ein Sprecher des Gerichts mit.
Der vorläufige Rückzug des Briten kommt in einer Zeit, in der das Gericht nach den Haftbefehlen gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den früheren Verteidigungsminister Joav Galant wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen unter großem Druck der USA steht. US-Präsident Donald Trump hatte Sanktionen gegen das Gericht und Khan verhängt - und so deren Arbeit gefährdet. Die USA und Israel erkennen das Gericht nicht an.
Nach Medienberichten gibt es auch einen Zusammenhang mit den Haftbefehlen. So soll der Ankläger die Haftbefehle erst beantragt haben, nachdem der Vorwurf des Missbrauchs eingegangen war.
Khan ist seit 2021 Chefankläger. Das Gericht mit Sitz in Den Haag verfolgt seit 2002 Verdächtige wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Aggression. Auf Antrag von Khan war unter anderem auch ein internationaler Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen worden wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen in der Ukraine.