Der Leiter des Brandenburger Verfassungsschutzes wird mit sofortiger Wirkung seines Postens enthoben. Das verfügt die Landesinnenministerin. Jörg Müller soll vorerst in den Ruhestand versetzt werden.
Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange hat den Leiter des Landesverfassungsschutzes, Jörg Müller, mitten in der neu entbrannten Debatte über den Umgang mit der AfD entlassen. "Das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit sei nicht mehr gegeben", teilte die SPD-Politikerin in Potsdam mit. Müller solle in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.
Die überraschende Entscheidung kommt in einer Zeit, in der über Folgen der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistische Partei im Bund diskutiert wird. In Brandenburg bewertet der Verfassungsschutz die Landes-AfD bisher als rechtsextremistischen Verdachtsfall. Die CDU sieht Lange nun unter Rechtfertigungsdruck.
Müller sagte: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen." Im Juli soll die Position an der Spitze des Verfassungsschutzes - eine Abteilung im Innenministerium in Potsdam - neu besetzt werden, wie es hieß.
Nach der Einstufung der AfD auf Bundesebene als gesichert rechtsextremistisch bewertet auch Brandenburg die Lage neu. Ob es deshalb zu den konkreten Verwerfungen zwischen Lange und Müller kam, blieb bislang unklar. Die Innenministerin wollte sich auf Anfrage zunächst nicht näher zu den Gründen äußern.
Es hatte in den vergangenen Tagen Gespräche zwischen Müller und Innenministerin Lange mit Blick auf die Bewertung der AfD nach der Neueinstufung im Bund gegeben. Der 52 Jahre alte Verfassungsschützer ließ nie einen Zweifel daran, dass er die Partei für rechtsextremistisch hält.
Im Dezember 2024 hatte es in einem Medienbericht geheißen, es soll im Verfassungsschutz Brandenburg konkrete Pläne gegeben haben, die Hochstufung bereits im November vorzunehmen. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl und dem Eindruck einer Einflussnahme der Politik sei dies gestoppt worden.
Damals hatte das Innenministerium dazu lediglich gesagt, die Einstufung des AfD Landesverbandes Brandenburg unterliege der kontinuierlichen Prüfung seit 2020. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ordnet der jeweilige Landes-Verfassungsschutz die Partei bereits als gesichert rechtsextremistisch ein.
Der brandenburgische CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann zeigte sich erstaunt über die Entlassung Müllers, der parteiübergreifend ein sehr hohes Ansehen genossen habe. "Wir haben bisher von der Arbeit des Leiters des Landesamtes für Verfassungsschutz einen ausgesprochen guten und seriösen Eindruck", sagte er. Die Innenministerin werde ihren Schritt begründen und sich dafür auch rechtfertigen müssen.
Der 52 Jahre alte Diplom-Verwaltungswirt hatte lange im Potsdamer Innenressort gearbeitet. Seine Laufbahn begann er in der Verwaltung des Polizeipräsidiums. Seit 2020 stand er an der Spitze der Verfassungsschutzabteilung. Der politische Beamte war von Langes Vorgänger, CDU-Innenminister Michael Stübgen, ernannt worden. Dieser hatte zuvor Müllers Vorgänger wegen fehlenden Vertrauens von der Aufgabe entbunden.
Zuletzt hatte sich Müller im April für ein Verbot rechtsextremer Chatgruppen ausgesprochen, in denen sich junge Neonazis vernetzen. Der brandenburgische Verfassungsschutz beobachtet seit 2024, dass sich zunehmend sehr junge Anhänger der Neonazi-Szene in sozialen Netzwerken organisieren.