Linke: "Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU seit Dienstag Geschichte"

Um einen zweiten Wahlgang für die Kanzlerwahl im Bundestag möglich zu machen, spricht die Unionsfraktion am Dienstag auch mit den Linken. Der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU sei damit erledigt, sagt Linken-Chefin Schwerdtner. Zugleich bezeichnet sie Kanzler Merz als "Klassenfeind".

Linken-Chefin Ines Schwerdtner sieht die Abgrenzung der Union von ihrer Partei seit dem Tag der Kanzlerwahl als erledigt an. "Wir haben Friedrich Merz am Dienstag gratuliert und ihm mitgegeben, dass er uns noch brauchen wird", sagte sie ntv.de. Ein direktes Gespräch mit Merz, der am Dienstag im zweiten Wahlgang zum Bundeskanzler gewählt wurde, habe es zwar noch nicht gegeben. "Faktisch ist der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU seit Dienstag jedoch Geschichte."

Dieser Beschluss sei ohnehin "ziemlich aus der Zeit gefallen" und werde auf Länderebene schon lange übergangen. "Aber ich verstehe natürlich, dass es für Merz ein ideologisches Hemmnis gibt", sagte Schwerdtner. "Er hat mit der Schuldenbremse und dem Sondervermögen schon vor seiner Wahl zum Bundeskanzler zwei zentrale Versprechen aus dem Wahlkampf gebrochen und soll nun auch noch mit den Linken verhandeln. Das ist ein bisschen viel für die CDU. Aber irgendwann wird die Realität auch bei Merz Einzug halten. Die neue Koalition hat sich ja in den Koalitionsvertrag geschrieben, die Schuldenbremse zu reformieren."

Schwerdtner erklärte sich zu weiteren Verhandlungen mit der Union bereit. "Aus unserer Partei hat niemand Lust, Verhandlungen mit Friedrich Merz zu führen", sagte sie. "Aber wir reden, wenn nötig, mit allen demokratischen Parteien. Zum Beispiel, damit es zu einer Reform der Schuldenbremse kommt."

Für Schwerdtner ist Merz "der Klassenfeind"

Sie werde nicht ruhen, bis die Schuldenbremse reformiert sei, weil die Kommunen und die Länder dringend Geld bräuchten. "Wenn wir den Kommunen helfen können, dann setze ich mich auch mit dem Klassenfeind an einen Tisch", so Schwerdtner. Auf die Frage, ob Merz "der Klassenfeind" sei, sagte sie: "Ja, schon. Ich meine, der Mann war bei Blackrock. Das kann man sich kaum ausdenken, dass so jemand Kanzler wird."

Am Morgen hatte der neue Kanzleramtschef Thorsten Frei sich im ntv Frühstart offen für eine Abschaffung des Unvereinbarkeitsbeschlusses gezeigt. "Wir werden gemeinsam darüber zu sprechen haben", sagte der CDU-Politiker. Man habe bei der Kanzlerwahl im Bundestag erneut das Problem gehabt, nicht absehbar eine Zweidrittelmehrheit organisieren zu können. Den Beschluss des CDU-Bundesparteitags könne man zwar nicht mit einem Federstrich außer Kraft setzen. "Aber mit Sicherheit sind wir in einer Situation, wo wir die eine oder andere Frage neu bewerten müssen."