Für Juso-Chef Türmer ist es kein einfacher Tag. Zuerst stimmen die SPD-Mitglieder anders, als die Jusos sich das gewünscht haben. Nun hadert er damit, wie die Sozialdemokraten mit ihrer Vorsitzenden Esken umgehen. Der 29-Jährige glaubt sogar, mit seiner Partei könne es insgesamt ein schlimmes Ende nehmen.
Der Jusos-Vorsitzende Philipp Türmer hat den öffentlichen Umgang mit Co-Parteichefin Saskia Esken scharf kritisiert. "Das, was im Moment passiert, das ist ein bodenloser Umgang", sagte er im Gespräch mit dem "Spiegel". "Man hatte zuletzt das Gefühl, dass die Hauptbeschäftigung zu sein scheint, dass jeder nochmal guckt, was er für eine Gemeinheit gegen Saskia Esken im Köcher hat." Türmer sieht darin auch eine Geschlechterfrage. "Ich finde, da merkt man, wie unterschiedlich mit Frauen in der Politik umgegangen wird. Und das finde ich - platt gesagt - scheiße."
Ob Esken einen Ministerposten bekommen sollte, ließ Türmer offen. "Das Allerwichtigste ist, dass sich die Parteispitze ehrlich die Karten legt und einen guten Umgang miteinander findet. Einen, der nicht so wirkt, als ob er von außen getrieben und befeuert wird", sagte er. An weiteren Personalspekulationen wolle er sich nicht beteiligen. "Dann würde ich es ja nur weiter befeuern."
"Kann sein, dass SPD verschwindet"
Insgesamt hält es der Juso-Chef nicht für ausgeschlossen, dass die SPD in den kommenden Jahren verschwindet. "Es kann sein, dass es immer weiter runtergeht, sodass wir irgendwann darüber reden. Das kann sein und das macht mir riesige Sorgen", sagte er dem Magazin. "Es gibt keine Ewigkeitsgarantien für Parteien." Vielmehr sei es Aufgabe der Parteien, ihre Werte und Prinzipien auf die neuen Zeiten zu übertragen. "Wir reden immer von Solidarität und dass das ein total wichtiger Wert für uns wäre, und leben aber de facto in einer Gesellschaft, die total von Egoismus geprägt ist. Wir müssen es irgendwie hinbekommen, über Solidarität nicht nur abstrakt zu reden."
Mit dem Entscheid der SPD-Mitglieder für den Koalitionsvertrag mit der Union hatten die Jusos am Vormittag eine Niederlage erlitten. Türmer hatte zuvor für eine Ablehnung geworben. Der Juso-Chef versicherte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, man akzeptiere das Ergebnis, allerdings sei das Votum keine Entscheidung über die Ausrichtung der Partei gewesen. Die Aufgabe der programmatischen Neuaufstellung stelle sich ab jetzt. "Wir müssen wieder Partei der Arbeit werden", sagte Türmer. Es sei nun wichtig, dass man in der Koalition "das Soziale nach vorne" stelle.