Schon die Vorstellung ruft bei den meisten Menschen pure Abscheu hervor: Hunderte Fliegenlarven fressen sich allmählich durch das Gewebe im Körper bis ins Gehirn. Ein erster Fall bei einem Menschen in den USA wird nun offiziell bestätigt. Einige Behörden im Land planen verschiedene Maßnahmen gegen die Art.
In den USA wurde erstmals ein Mensch vom sogenannten Neuwelt-Schraubenwurm befallen. Das hat die Gesundheitsbehörde des Landes CDC laut Nachrichtensender CNN bestätigt. Bei dem Parasiten handelt es sich um eine Schmeißfliegen-Art mit dem Namen Cochliomyia hominivorax. Diese legt zwischen 200 und 300 Eier normalerweise in Aas und Fäkalien ab, in seltenen Fällen aber auch in Wunden oder Körperöffnungen von Warmblütern, also von Rindern, Schweinen und Pferden oder Wildtieren. Aus den Fliegeneiern entwickeln sich Larven, die sich von hier aus immer tiefer ins Gewebe ihrer Wirte fressen.
Bei dem aktuellen Fall handelt es sich jedoch um eine Person aus Maryland. Sie sei zuvor in El Salvador gewesen. Es wird angenommen, dass sie dort mit dem Parasiten in Kontakt gekommen und es so zu der sogenannten reisebedingten Neuwelt-Schraubenwurmmyiasis, also dem parasitären Befall mit Fliegenlarven, gekommen ist.
Die Behörden geben zunächst Entwarnung. Der Patient habe sich von dem Befall erholt, wird ein Sprecher des Gesundheitsministeriums von Maryland von CNN zitiert. Zudem gebe es derzeit keine Hinweise auf eine Übertragung auf andere Personen oder Tiere. "Das Risiko für die öffentliche Gesundheit in den USA durch diese Einschleppung ist derzeit sehr gering", beruhigt Andrew Nixon, Sprecher vom U.S. Department of Health and Human Services.
Besorgniserregende Ausbreitung in Richtung Norden
Dennoch sind die Behörden alarmiert. Der Grund: Ende 2024 wurde die Neuwelt-Schraubenwurmfliege im Süden Mexikos nachgewiesen - und damit wesentlich weiter im Norden als in den Jahren zuvor. In Belize, Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Mexiko, Nicaragua und Panama wurde der Befall durch den Parasiten bei Tieren schon zuvor registriert. Der Nachweis der Neuwelt-Schraubenwurmfliege im Süden Mexikos führte in diesem Jahr bereits zu mehrfachen Schließungen von Rinder-, Pferde- und Bisonhandelshäfen im Grenzgebiet.
Die Maßnahmen scheinen gerechtfertigt zu sein, denn der Parasit könnte in den USA die Ernährungssicherheit des Landes gefährden. Das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) schätzt, dass ein Ausbruch des Schraubenwurms die Wirtschaft in Texas, dem Bundesstaat mit der größten Rinderproduktion, etwa 1,8 Milliarden Dollar an Viehverlusten, Arbeits- und Medikamentenkosten verursachen könnte. Um solchen Szenarien vorzubeugen, sind weitere wirksame Maßnahmen gefragt. Das Landwirtschaftsministerium kündigte deshalb bereits den Bau einer Fliegenproduktionsanlage in Edinburg, Texas an. Hier sollen pro Woche bis zu 300 Millionen sterile Fliegen produziert werden.
Vergleichbare Taktiken wurden bereits in den 1950er Jahren in den USA, Mittelamerika und der Karibik angewendet. Damals sollten Schraubenwurmfliegen zum Schutz von Nutztieren ausgerottet werden. Man züchtete im Labor massenhaft Insekten, sterilisierte diese mit einem besonderen Verfahren und entließ sie schließlich in die Natur. Das Verfahren war erfolgreich. Seit 1966 gilt die Art in den ganzen USA als ausgerottet. Doch nun scheint sie zurückzukehren.
Die Rückkehr des Parasiten
"Der Parasit wurde in den 1990er Jahren unter großem Aufwand auch in Mittelamerika ausgerottet, kehrte jedoch 2024 in die Länder der Region zurück und verursachte den schlimmsten Ausbruch seit Jahrzehnten", schreibt ein Forschungsteam im "British Medical Journal" dazu. Dies gebe Anlass zu ernsthafter Besorgnis für die Viehwirtschaft der Region, aber auch für die öffentliche Gesundheit, da die Zahl der bestätigten Fälle beim Menschen steige.
In Costa Rica wurden bis Anfang des vergangenen Jahres 28 Fälle und mindestens 2 Todesfälle wegen des Parasitenbefalls registriert. In Nicaragua benötigten zwei der bis dahin 30 registrierten Patienten lebensrettende Krankenhausbehandlungen. "Wären diese Würmer nicht entfernt worden, hätten sie ihr Gehirn zerstört", sagte Ricardo Somarriba, Direktor des nicaraguanischen Instituts für Agrarschutz und Gesundheit.
Bisher gibt es keine Therapie
Weder für betroffene Menschen noch für Tiere gebe es bisher eine passende Therapie. Die Behandlung von befallenen Rindern umfasse das Reinigen, Desinfektion und Abdeckung der Wunden, wird Philip Kaufman von der A&M University Texas von CNN zitiert. Bleibe die Versorgung aus, könne die Fliege die Tiere innerhalb von ein bis zwei Wochen töten und sich auf andere Tiere ausbreiten. Ausbreitungen geschehen mit einer Geschwindigkeit von etwa 80 bis 160 Kilometern pro Generation.
Wegen der Dringlichkeit erließ das US-Gesundheitsministerium erst vor Kurzem eine Notfallerklärung. Diese ermöglicht es der Food and Drug Administration (FDA) bei der Bewertung von Tierarzneimitteln gegen den Befall von Neuwelt-Schraubenwurm-Befall mehr Flexibilität. Die aktuellen Befunde zeigen aber auch, dass eine Bekämpfung des Parasiten über die Ländergrenzen hinaus gehen muss, um langfristig wirksam zu sein.