Auf dem Handy-Display finden sich oft mehr Keime als auf einer Klobrille - diese Aussage dürften viele schon gehört haben. Das klingt nicht nur eklig, sondern auch gefährlich. Doch stimmt das auch? Und können uns Smartphones tatsächlich krank machen?
Wir wischen, tippen und telefonieren: Je nach Untersuchung schaltet der durchschnittliche Handy-Nutzer sein Smartphone 46- bis 68-mal am Tag an. Smartphones gehören zu den am häufigsten genutzten Alltagsgegenständen überhaupt - ob in der U-Bahn oder Toilette. Doch sind sie dadurch auch eine Sammelstelle für Bakterien und Viren? Und wie groß ist die Gefahr wirklich, von seinem Handy krank zu werden?
Laut Tüv reinigt nur etwa jeder vierte Deutsche die Oberfläche seines Smartphones bewusst und intensiv. Dabei tummeln sich mehreren Studien zufolge dort Hunderte verschiedene Erreger. Eine Untersuchung des britischen Versicherungsanbieters Insurance2go sorgte 2018 für besonders großes Aufsehen. Demnach sind Handybildschirme um ein Vielfaches verkeimter als Toilettensitze. Konkret heißt das: Auf Klobrillen tummeln sich durchschnittlich 24 Erreger pro Quadratzentimeter. Auf Touchscreens sind es hingegen fast 255 - darunter etwa 100 verschiedene Bakterienarten.
Küche meist keimbelasteter als Toilette
Grund zur Sorge gibt es Experten zufolge dennoch nicht. "Das Smartphone ist ein bisschen die verlängerte Hand", erklärt Mikrobiologe Markus Egert von der Hochschule Furtwangen der Deutschen Presse-Agentur. Das bedeutet, dass in der Regel nur die Keime auf dem Bildschirm landen, die man ohnehin bereits mit sich herumträgt. "Meistens handelt es sich um Bakterien, die beim Menschen in Mund, Haut und Darm ganz natürlich sind", schreibt auch die Techniker Krankenkasse auf ihrer Website. Wenn das Immunsystem intakt ist, sei die Gefahr, krank zu werden, eher gering. Vorausgesetzt, man achtet auf eine gute Handhygiene.
Besonders aufpassen müsse man auf öffentlichen Toiletten, sagt Egert. Dort können krankmachende Erreger bereits auf der Türklinke lauern. Im eigenen Bad besteht dem Experten zufolge hingegen kaum Kontaminationsgefahr: Bevor man sich sauber macht, packt man das Smartphone normalerweise weg und holt es erst nach dem Händewaschen wieder aus der Hosentasche. "Wenn man mit Händen, die durch Fäkalbakterien kontaminiert sind, an sein Smartphone geht, landen die natürlich auch dort", mahnt Egert.
Die Küche ist Egert zufolge deutlich kritischer als das Bad. Denn auch beim Kochen benutze man gerne mal sein Mobiltelefon, sagt der Experte und nennt ein Beispiel: "Sie tauen ein Hähnchen auf, hören nebenbei Musik auf dem Handy oder machen sich ein Kochvideo an." In so einer Situation könne es viel eher dazu kommen, dass man das Smartphone mit Lebensmittelerregern kontaminiert. "Auf so einem Stück Fleisch sitzen nämlich Millionen bis Milliarden Keime pro Kubikzentimeter."
Vorsicht ist zudem in Krankenhäusern geboten, dort können Handys tatsächlich zu gefährlichen Keimschleudern werden, wie ein internationales Forschungsteam herausfand. Für ihre Studie, die in der Fachzeitschrift "Scientific Reports" erschienen ist, nahmen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Abstriche von Mobiltelefonen von Pflegerinnen und Pflegern einer australischen Kinderklinik. Das Ergebnis: Insgesamt identifizierte das Team 11.163 Mikroben, von denen mehr als 2000 antibiotikaresistente Gene aufwiesen. "Nicht dekontaminierte Mobiltelefone stellen ein ernsthaftes Risiko für die öffentliche Gesundheit und Biosicherheit dar", heißt es in der Studie.
So reinigt man das Smartphone richtig
Die Studienautoren plädieren dafür, zumindest in Krankenhäusern "Mobiltelefone so oft zu desinfizieren, wie wir uns die Hände waschen". Doch auch außerhalb ist es sinnvoll, sein Handy ab und an zu reinigen. Schließlich tut das jeder achte Deutsche laut Tüv nie. Zumindest nicht bewusst, meint Mikrobiologe Egert. Denn auch wenn man sein Handy aus der Hosentasche zieht oder es am T-Shirt abwischt, würden Keime bereits mechanisch entfernt.
Empfehlenswert sei daher ein Mikrofasertuch - selbst in trockenem Zustand nimmt es relativ viele Erreger auf und ist schonend für das Display. Für hartnäckigen Schmutz eignet sich ein feuchtes Brillenputztuch. Zur Desinfektion gibt es mittlerweile spezielle Reiniger für Touchscreens. Bei Geräten mit Kunststoff-Display sollte man auf keinen Fall scharfe Reinigungsmittel, Glasreiniger oder Alkohol benutzen. Diese können der Kunststoffoberfläche des Touchscreens schaden oder es stumpf machen.
In den Einkerbungen des Smartphones sammeln sich besonders viel Schmutz und auch Keime. Hier eignen sich Zahnstocher gut. Mit einer weichen Zahnbürste gelangt man auch in schwierig zu erreichende Ecken. Wattestäbchen sind weniger ideal, weil sich die Watte leicht verfängt.
Übrigens: Die hygienebewussten Japaner bieten an öffentlichen Orten bereits seit längerem Abhilfe für keimige Handys an. So gibt es etwa auf dem Narita International Airport nahe Tokio neben der herkömmlichen Papierrolle neuerdings einen - etwas kleineren - Halter mit Säuberungspapier für das Smartphone. Auf den abreißbaren Wischblättern befindet sich eine desinfizierende Beschichtung, die Keime und Bakterien abtöten soll.