Die Knolle der Kartoffelpflanze ist ihre Superkraft - und sichert ihr das Überleben. Doch wie die Knolle entstanden ist, bleibt lange Zeit mysteriös. Forscher wollen das Rätsel nun gelöst haben. Demnach spielt auch die Tomate eine entscheidende Rolle.
Die Kartoffel ist heute allgegenwärtig in unserer Küche, stammt jedoch ursprünglich aus Amerika. Nach Europa gelangte sie erst ab dem 16. Jahrhundert. Doch wo ist sie ursprünglich entstanden? Das hat ein internationales Forscherteam nun herausgefunden. Demnach führte die natürliche Kreuzung zwischen Tomatenpflanzen und kartoffelähnlichen Arten aus Südamerika vor etwa 9 Millionen Jahren zur Entstehung der heutigen Kartoffel.
Dieses evolutionäre Ereignis habe schließlich die Bildung der typischen Knolle ausgelöst, der vergrößerten unterirdischen Struktur, in der Pflanzen wie Kartoffeln, Yamswurzeln und Taros (eine Knollenpflanze aus Südostasien) Nährstoffe speichern. Ihre Erkenntnisse haben sie in der Fachzeitschrift "Cell Press" veröffentlicht.
"Unsere Ergebnisse zeigen, wie eine Hybridisierung zwischen Arten die Evolution neuer Merkmale auslösen und so die Entstehung weiterer Arten ermöglichen kann", sagte Autor Sanwen Huang von der Chinesischen Akademie für Agrarwissenschaften in China laut einer Mitteilung. "Wir haben endlich das Rätsel um die Herkunft der Kartoffel gelöst."
Knollenlose Verwandte
Die Herkunft der Kartoffel, einer der weltweit wichtigsten Nutzpflanzen, gab Wissenschaftlern lange Zeit Rätsel auf. Äußerlich sind moderne Kartoffelpflanzen fast identisch mit drei kartoffelähnlichen Arten aus Chile, die Etuberosum genannt werden. Doch diese Pflanzen tragen keine Knollen - und genetischen Analysen zufolge sind Kartoffelpflanzen näher mit Tomaten verwandt.
Um diesen Widerspruch aufzuklären, analysierte das Forschungsteam Hunderte Genome von Kulturkartoffeln und Dutzende von Wildkartoffelarten. Sie fanden heraus, dass jede Kartoffelart eine stabile, ausgewogene Mischung aus genetischem Material von Etuberosum und Tomatenpflanzen enthält. Das deutet laut den Autoren darauf hin, dass Kartoffeln aus einer alten Kreuzung zwischen den beiden entstanden sind.
Wichtiges Gen von Tomatenseite
Obwohl Etuberosum und Tomaten unterschiedliche Arten sind, hatten sie vor etwa 14 Millionen Jahren einen gemeinsamen Vorfahren. Aber selbst nach einer Trennung von etwa 5 Millionen Jahren konnten sie sich noch kreuzen. Als das vor etwa 9 Millionen Jahren geschah, brachte dies laut dem Forscherteam die ersten Kartoffelpflanzen mit Knollen hervor.
Allerdings stammt das Gen, das für den Start der Knollenbildung verantwortlich ist, von der Tomatenseite der Familie, fanden die Forscher heraus. Ein weiteres wichtiges Gen, das die Wachstumskontrolle der unterirdischen Stängel, aus denen die Knollen entstehen, unterstützt, stammt jedoch von der Etuberosum-Seite. Ohne eines dieser beiden Gene wären die hybriden Nachkommen nicht in der Lage, Knollen zu bilden, schreiben die Forscher.
Perfekt angepasst
Die evolutionäre Innovation der Knolle fiel in eine Zeit, in der sich die südamerikanischen Anden bildeten und dadurch neue ökologische Lebensräume entstanden. Mit einer Knolle zur Speicherung von Nährstoffen im Boden konnten sich die frühen Kartoffeln schnell an die veränderten Umweltbedingungen anpassen und das raue Klima in den Bergen überleben. Knollen ermöglichen es Kartoffelpflanzen außerdem, sich ohne Samen oder Bestäubung zu vermehren. Sie bilden neue Pflanzen, indem sie einfach aus Knospen an der Knolle sprießen.
"Die Entwicklung einer Knolle verschaffte Kartoffeln einen enormen Vorteil in rauen Umgebungen, was zu einer explosionsartigen Vermehrung neuer Arten führte und zur reichen Vielfalt der Kartoffeln beitrug, die wir heute kennen und schätzen", so Huang.