"Verrückte" Brennstoffzelle soll E-Flugzeuge antreiben

Mit Strom fliegen? Bisher nur für kurze Strecken denkbar - moderne Akkus sind nicht leistungsfähig genug. US-Forscher präsentieren nun eine Alternative: eine Brennstoffzelle, die mit Natrium betankt wird. Das Ganze soll sogar einen weiteren klimaschonenden Nebeneffekt haben.

Der Traum vom elektrischen und klimaschonenden Fliegen scheitert bisher an der Realität: Selbst moderne Akkus sind nicht leistungsstark genug. Sie haben eine zu geringe Energiedichte: Sie können pro Kilogramm Gewicht nicht genug Energie speichern, um ihr eigenes Gewicht und etwa ein Flugtaxi über einen längeren Zeitraum in der Luft zu halten. Forscher aus den USA wollen nun eine Alternative gefunden haben: eine neuartige Brennstoffzelle, die elektrisches Fliegen über längere Distanzen ermöglichen soll.

Bisherige Brennstoffzellen arbeiten mit Wasserstoff, weitere Varianten mit Ammoniak oder Methanol. Die neue Brennstoffzelle hingegen soll mit flüssigem Natrium betrieben werden. Ein Team um Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat einen Labor-Prototypen entwickelt, der dreimal so viel Energie pro Kilogramm speichern kann wie Lithium-Ionen-Akkus, die heute in fast allen Elektrofahrzeugen verwendet werden. Ihre Entdeckung haben sie im Fachblatt "Joule" veröffentlicht.

"Wir gehen davon aus, dass die Leute diese Idee für völlig verrückt halten", sagt Mitautor Yet-Ming Chiang, Professor für Materialwissenschaften und Ingenieurwesen laut einer Mitteilung. "Wenn sie das nicht täten, wäre ich ein wenig enttäuscht, denn wenn etwas auf den ersten Blick nicht völlig verrückt erscheint, wird es wahrscheinlich auch nicht besonders revolutionär sein."

Batterie, die betankt wird

Was das Revolutionäre an der neuen Brennstoffzelle sein soll: Sie stellt laut den Forschern eine Art Hybrid aus Batterie und Brennstoffzelle dar. Es gebe Ähnlichkeiten zu einer Batterie, aber diese werde nicht aufgeladen, sondern aufgetankt. Der Treibstoff ist flüssiges Natrium. Die andere Seite der Zelle besteht lediglich aus gewöhnlicher Luft, die als Quelle für Sauerstoffatome dient. Dazwischen befindet sich eine Schicht aus festem Keramikmaterial, die als Elektrolyt fungiert.

Bei ihren Experimenten mit einem Prototypen zeigte sich laut den Forschern eine vergleichsweise hohe Energiedichte der Natrium-Luft-Brennstoffzelle: über 1000 Wattstunden pro Kilogramm. Die heutigen Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge erreichen maximal etwa 300 Wattstunden pro Kilogramm - weit entfernt von dem, was benötigt wird: "Die Schwelle, die man für eine realistische Elektrifizierung der Luftfahrt wirklich braucht, liegt bei etwa 1000 Wattstunden pro Kilogramm", sagt Chiang. Allerdings würde ihr System ebenfalls höchstens für Regionalflüge einsetzbar sein, nicht jedoch für transkontinentale oder transatlantische Flüge.

Abgas soll CO₂ in der Luft binden

Und die Forscher nennen noch einen weiteren Vorteil: Beim Einsatz von Natrium als Treibstoff würde Natriumoxid als Abgas produziert. Werde dieses etwa beim Betrieb von Flugzeugen ausgestoßen, würde es sich in der Luft mit CO₂ zu Soda verbinden - und damit das gefährliche Treibhausgas aus der Atmosphäre binden.

Und damit nicht genug, so die Autoren: Aus dem Soda entsteht schließlich Natron, auch als Backpulver bekannt. Wenn dieses ins Meer gelangt, könnte es zur Entsäuerung des Wassers beitragen und so einer weiteren schädlichen Auswirkung von Treibhausgasen entgegenwirken. "Wenn man mit Natriummetall beginnt, kommt es zu einer natürlichen Kettenreaktion", erklärt Chiang. "Das geschieht ganz spontan. Wir müssen nichts tun, um dies zu bewirken, wir müssen nur das Flugzeug fliegen."

Gewinnung aus Kochsalz

Auch vergleichsweise sicher soll die Brennstoffzelle laut den Autoren sein. Natrium ist extrem reaktiv und muss gut geschützt werden. Wie bei Lithiumbatterien kann Natrium spontan entzünden, wenn es Feuchtigkeit ausgesetzt ist. Bei dieser Brennstoffzelle bestehe jedoch eine Seite nur aus Luft, sagt Chiang, die verdünnt sei. "Es gibt also keine zwei konzentrierten Reaktionspartner direkt nebeneinander."

Und die Rohstoffe? Natrium wird hauptsächlich aus Natriumchlorid, also Kochsalz, gewonnen. Es ist im Gegensatz zu Lithium und anderen Materialien, die in heutigen Elektroauto-Akkus verwendet werden, reichlich vorhanden, weltweit verbreitet und leicht zu gewinnen, heißt es in der Studie.

In einem nächsten Schritt wollen die Forscher aus dem Labor-Prototypen, der bislang nur aus einem Versuchsaufbau besteht, eine Brennstoffzelle von der Größe eines Ziegelsteins entwickeln. Diese soll etwa 1000 Wattstunden Energie liefern – genug, um eine große Drohne anzutreiben. Damit soll das Konzept in einer praxistauglichen Form demonstriert werden. Bereits innerhalb des nächsten Jahres soll dieser erste fliegende Prototyp fertig sein.