Sie sind die höchste Bergkette Europas, Heimat des Edelweißes und ein beliebtes Reiseziel. Aber wie sind die Alpen eigentlich entstanden? Eine Geologin und ein Geologe erklären bei ntv.de, wo der Ursprung des Gebirges liegt.
Die Alpen sind eines der großen, prägenden Gebirge Europas. Sie erstrecken sich in einem Bogen von 1200 Kilometern von Westen nach Osten über die acht Länder Frankreich, Monaco, Italien, Schweiz, Liechtenstein, Deutschland, Österreich und Slowenien. Auch der - je nach Definition - höchste Berg Europas, der Mont Blanc, thront mit 4805 Metern über den Alpen. Aber wie sind die Alpen eigentlich entstanden?
"Wie die meisten Gebirge entstanden die Alpen durch die Kollision zweier Kontinente", erklärt Jonas Kley, Professor für Strukturgeologie an der Universität Göttingen, gegenüber ntv.de. In diesem Fall sind es die Afrikanische und Europäische Platte, die mit unvorstellbarer Kraft seit Millionen von Jahren gegeneinander gedrückt werden. Allerdings darf man sich die Kollision laut Kley "nicht zu frontal vorstellen". Stattdessen schiebt sich aufgrund der hohen Kraft ein Teil eines Kontinents unter den anderen. Der Druck, der dabei entsteht, faltet die Ränder beider Kontinente auf wie ein Akkordeon. Große Gesteinsschollen, sogenannte Decken, werden übereinandergestapelt und bilden ein Gebirge.
Im Fall der Alpen nahm dieser Prozess vor rund 50 bis 30 Millionen Jahren richtig Fahrt auf. Damals schob sich die Europäische Platte im Norden unter einen Teil der Afrikanischen Platte im Süden, den "Adriatischen Sporn". Damit sind die Alpen ein relativ junges Hochgebirge, wie etwa auch der Kaukasus und der Himalaja.
Alpen wachsen immer noch
Und die Alpen wachsen immer noch weiter, wenn auch langsam - verglichen zum Beispiel mit dem Himalaja. Laut Hannah Pomella, Professorin für Geologie an der Universität Innsbruck, ist die Wachstumsgeschwindigkeit allerdings nicht über den ganzen Alpenbogen gleich. "In den nördlichen Westalpen und Zentralalpen hebt sich der Untergrund derzeit mit bis zu etwa 2 bis 2,5 Millimeter pro Jahr, in den Ostalpen, Südalpen und den südlichen Westalpen mit etwa 1 Millimeter pro Jahr", sagt sie zu ntv.de. Diese sogenannte Hebung ist ein Produkt aus der Kollision der Platten und dem Wegfall des Gewichts, das vorher in Form von Eis auf den Bergen lag. Dadurch lässt der Druck von oben nach und einige Teile des Gebirges werden stärker von den Kontinenten nach oben gedrückt.
Ansonsten sind die Alpen heute mehr oder weniger zur Ruhe gekommen. "Nur im Osten schiebt sich die Front der Südalpen in die italienische Poebene vor und führt zu starken Erdbeben", sagt Kley. Parallel dazu wirkt die Erosion, bei der Niederschläge, Eis und Wind das Gestein nach und nach wieder abtragen.
Früher ein schmaler Ozean
Die Verwitterung legt auch Gestein frei, das Indizien für den Ursprung der Alpen birgt: Millionen Jahre alte Fossilien von Meerestieren, Korallenriffen und Ammoniten. "Wo heute die Alpen sind, war früher ein schmaler Teil eines Ozeans - das Tethysmeer", sagt Kley. Deswegen sind die Gesteine der Alpen zu einem erheblichen Teil Sedimentgesteine, wie zum Beispiel Kalkstein, Dolomit und Marmor, aber auch Tonstein, die ursprünglich vor allem im Randbereich des Urzeit-Meeres abgelagert wurden.
Die Alpen werden heute noch mit unterschiedlichen Methoden untersucht, und es werden laufend neue Erkenntnisse gesammelt. "Das geht von der ganz großen Skala bis zu Untersuchungen im Bohrloch", sagt Pomella. Mit Satellitendaten lassen sich zudem Horizontal- und Vertikalbewegung im Gebirge aus dem All verfolgen. Damit können Forschende die weitere Entwicklung der Alpen nahezu in Echtzeit im Auge behalten.
Übrigens: Die Kollision der Afrikanischen und Europäischen Platte dauert immer noch an - was Erdbeben verursacht. Durch den andauernden Schub der Afrikanischen Platte hebt sich der Meeresboden an und das Adriatische Meer wird immer kleiner. Ein Schicksal, das in der Zukunft das gesamte Mittelmeer treffen könnte. "Das Mittelmeer wird wohl auf lange Sicht verschwinden", sagt Pomella. Allerdings ist die genaue Entwicklung schwer vorherzusagen, da die Prozesse komplex sind und sehr langsam ablaufen.