Die EU gibt sich im Zollstreit mit US-Präsident Trump betont sachlich und setzt auf die Kraft ihrer Argumente. Das ist sympathischer als Drohgebärden oder Schmeichelei - hilft aber nicht weiter in einer Auseinandersetzung mit einem rechtspopulistischen Narzissten, der sich für ökonomische Argumente nicht interessiert.
Im Umgang mit Donald Trumps Zollpolitik haben sich in den vergangenen Monaten zwei Verhandlungsstrategien etabliert. Sie lassen sich als "Einschleimen" und "Bedrohen" charakterisieren. Mit der ersten Strategie konnte der britische Premier Keir Starmer dem Vereinigten Königreich ein Handelsabkommen sichern. Die zweite Strategie hat China gewählt und hat damit Trump immerhin zu ernsthaften Verhandlungen gebracht.
Starmer schmierte Trump Honig ums Maul und zeigte Verständnis für dessen absurden Zollwahn. Peking reagierte dagegen mit maximaler Empörung und erhob hohe Gegenzölle, um eine Drohkulisse und Druckmittel aufzubauen. Die EU wählte einen dritten Weg in der Mitte. Der ist leider von allen Möglichkeiten am wenigsten erfolgversprechend.
Auf der einen Seite kritisierten und kritisieren europäische Vertreter Trumps Handelspolitik immer wieder mit deutlichen Worten. Sie brachten auch Gegenzölle auf den Weg. Diese waren im Umfang allerdings gering und wurden als Geste des guten Willens gleich wieder vollständig zurückgenommen, während Trump seine Zölle für europäische Waren zum Teil in Kraft ließ.
Statt auf Inszenierungen - sei es Schmeichelei oder gewaltige Drohgebärden - setzen die Vertreter der EU auf die Überzeugungskraft ihrer Argumente. Sie legten ihren US-Partnern Verhandlungspapiere mit sachorientierten Angeboten vor. Trump und seine Leute würden doch bald erkennen, wie sehr sie der US-Wirtschaft schaden, und daher einlenken, hieß es.
Staatenbund hat es schwer gegenüber Nationalisten
Diese betont sachliche Haltung ist sympathisch - aber im Fall Trumps hoffnungslos naiv. Mit Angeboten und Sachargumenten statt mit Drohungen in Verhandlungen zu gehen, ist für Trump ein Zeichen der Schwäche. Ökonomische Sachargumente haben bei seiner Zollpolitik noch nie eine Rolle gespielt.
Am vergangenen Freitag drohte Trump aus heiterem Himmel der EU plötzlich mit Zöllen in Höhe von 50 Prozent zum 1. Juni. Eine maximale Brüskierung während laufender Verhandlungen. Nach einem Anruf von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ließ Trump sich herab, die Frist für die Verhandlungen um gut einen Monat zu verlängern. Diese gnädige Geste ändert nichts daran, dass Trump und seine Berater die EU nicht respektieren.
Als Staatenbund hat die EU es schwer, sich bei Nationalisten wie Trump Achtung zu verschaffen. Dazu kommt, dass sich die heterogene Union mit mehreren Machtzentren in Rat, Kommission und Parlament schwertut, geschlossen und entschieden aufzutreten. Das macht es umso dringlicher, dass sich die EU gegenüber Trump eine Strategie zulegt, die einem irrationalen, rechtspopulistischen Narzissten angemessen ist. Sofern sich europäische Politiker nicht komplett verbiegen und in der Heimat unglaubwürdig machen wollen, kommt nur Strategie zwei infrage: Eine Drohkulisse aufbauen, die Trump beeindruckt.