Wenn die Bibi mit dem Moritz …

In der österreichischen Hauptstadt brennt der Baum, die Staatsfeinde sägen am demokratischen System. Mittendrin Bibi Fellner und Moritz Eisner, die so langsam in die Zielgerade einbiegen - und immer noch ein Stück enger zusammenrücken.

In Deutschland steht "Hijo de la Luna" von Loona an der Spitze der Charts, in Österreich Emilia mit "Big Big World". In der Bundesliga-Tabelle führt der FC Bayern vor Leverkusen und Lautern, bei den Nachbarn Sturm Graz vor Rapid Wien. Ebendort nimmt der neue Chefinspektor Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) seinen Dienst auf und bekommt es in seinem ersten Fall mit einem gemeuchelten Tenor zu. "Eisner bringt die nötigen Ecken und Kanten mit, die einen dauerhaft erfolgreichen Ermittler eben ausmachen, seinen Wiedererkennungswert steigern und von seinen Kollegen innerhalb der Krimireihe abheben", so heißt es in der Kritik auf wiewardertatort.de. Es ist der 17. Jänner 1999.

Neun Jahre später feiert Adele Neuhauser ihre Premiere beim Wiener "Tatort", der Titel der Folge "Granit". Das Besondere daran: Neuhauser spielt nicht etwa Bibi Fellner, sondern die Ehefrau eines ermordeten Steinmetzes. Bis zu ihrem Dienstantritt dauert es weitere zweieinhalb Jahre. Im März 2011 wechselt Fellner von der Sitte zur Mordkommission, in "Vergeltung" geht es um Fälle von Selbstjustiz in einer Jugendeinrichtung. Der Fall ginge am Ende "in die Hose", möppert wiewardertatort.de zwar, "was freilich nicht am erfrischenden neuen Wiener 'Tatort'-Duo Moritz Eisner und Bibi Fellner liegt", zeigt sich die Seite aber versöhnlich.

Drei Dutzend Fälle und vierzehn Jahre später ermitteln die beiden also immer noch zusammen. Nachdem es zuletzt einiges an Verstimmungen zwischen ihnen gab, weil Fellner mit dem Gedanken spielte, zu neuen Ufern aufzubrechen, hat es sich jetzt wieder zurechtgeruckelt. Gut so, möchte man meinen, denn nachdem das Duo jüngst in "Messer" in der überschaubaren Szenerie eines Edelrestaurants agierte, wurde nun das große Fass mit den Staatsfeinden aufgemacht. Demonstrationen hatten Wien in Atem gehalten, bei den Protesten gab es einen Toten, eine vertrackte Gemengelage rund um die sogenannte KAPO, die "Kampfbereite außerparlamentarische Opposition".

Gewappnet gegen das Böse

Fellner und Eisner auf der politischen Bühne, ein ungewohntes Bild, eine Nummer zu groß womöglich? Harald Krassnitzer: "Eisner sieht das Geschehen mit professioneller Gelassenheit und bringt auch die nötige Energie auf, um den Gegnern von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit konsequent entgegenzutreten." Adele Neuhauser, in Athen geboren, schlägt den Bogen zu ihrer eigenen Geschichte: "Während der Militärdiktatur bin ich mit meinen Eltern nach Griechenland gereist und habe unter verdeckter Hand Lieder von Mikis Theodorakis gesungen. Es war für uns unvorstellbar, dass in einem Land, in dem die Demokratie ihren Ursprung fand, die Junta an die Macht kommen konnte. Diese Zeit hat mich gelehrt, dass wir die Demokratie immer wieder neu erfinden und in uns erarbeiten müssen. Demokratie ist das Recht eines jeden Einzelnen auf sein Glück, auf ein friedliches Leben. Dieses Ideal kann nicht überholt sein."

So geriet "Wir sind nicht zu fassen" am Ende zu einem zeitgenössischen Kommentar zur Lage. Der Protest gegen den Staat, der Duft der Revolution, die Idee vom Umsturz und dem Installieren eines neuen Machtapparats, zusammengedampft in 90 kurzweiligen Minuten. Mit Banknoten-Bündeln und falschen Pässen, unter Druck stehenden Anwälten und Möchtegern-Staatsmännern war am Schluss vielleicht etwas viel los, hatte sich das Geschehen vom ursprünglichen Todesfall meilenweit entfernt. Umso schöner jedoch, dass es demgegenüber einen Fixpunkt gibt - die Freundschaft, die Kollegialität, das Vertrauen zwischen der Bibi und dem Moritz. Fellner und Eisner, allen Unwägbarkeiten zum Trotz, gewappnet gegen das Böse. Am Schluss stehen die beiden auf einem Grashügel, schauen auf die Stadt, fragen sich, was man tun kann, wie man die Welt weiter zusammenhalten kann. "Nicht aufgeben", sagt Bibi Fellner. "Miteinander reden." So einfach kann es manchmal sein, zumindest theoretisch. Dreimal werden die beiden noch miteinander ermitteln. Nicht aufgeben. Miteinander reden. Man ahnt es bereits: Sie werden fehlen.