Nach "Oh Boy" und "Lara" bringt Jan-Ole Gerster mit "Islands" einen Film ins Kino, in dem Sam Riley als einsamer Tennislehrer auf Fuerteventura brilliert. Der gerät erst an eine geheimnisvolle Touristin und dann unter Verdacht, am Verschwinden ihres Mannes beteiligt zu sein.
13 Jahre ist es her, dass Jan-Ole Gerster, Absolvent der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, mit seinem Abschlussfilm "Oh Boy" sogleich einen Hit landen konnte und sechsfach mit dem Deutschen Filmpreis, der Lola, ausgezeichnet wurde. Unter anderem in der Kategorie Bester Spielfilm. Tom Schilling wurde für die Darstellung des ziel- und orientierungslosen Ex-Studenten Niko geehrt.
In Gersters zweiten Kinofilm war Schilling ebenfalls zu sehen, als Sohn der Titelfigur "Lara", gespielt von Corinna Harfouch. Auch dieses Drama war für den Deutschen Filmpreis nominiert, ging aber leer aus. Wie es für den jetzt aufgestellten "Islands" läuft, wird sich einen Tag nach Kinostart zeigen. Für sein neues Kinoprojekt setzte der 47-jährige Gerster jedenfalls auf Sam Riley, der in die Rolle des Tennislehrers Tom schlüpft. Gedreht wurde der Film auf Englisch und Spanisch, auch wenn es ihn in Deutschland in einer Synchronfassung geben wird. Doch das ist nicht das Einzige, was dem Film eine gewisse Internationalität verleiht . Die Wahl des Drehortes tat ihr Übriges.
(Alb)trauminsel Fuerteventura?
Tom fristet sein nur auf den ersten Blick beneidenswertes Dasein als Tennislehrer auf Fuerteventura. Das Resort, in dem er arbeitet, ist durchaus luxuriös, sein Leben dagegen ist praktisch das Gegenteil davon. Während Tom tagsüber als cooler Coach reichen Gästen und deren Kids das Tennisspiel näherbringt, hängt er abends nur allzu oft allein herum. Der Alkohol ist sein einziger echter Freund, mit dem er sich die einsamen Nächte um die Ohren schlägt. Das Leben, das Tom führt, mag von außen wie das eines glücklichen Aussteigers wirken. Doch die Unzufriedenheit hat schon lange darin Einzug gehalten.
Wie es auch sein könnte, erfährt Tom schmerzlich, als das Ehepaar Maguire in dem Resort absteigt und er dessen Sohn (Dylan Torrell) Unterricht geben soll. Während Ehemann und Vater Dave (Jack Farthing) neidisch auf das ach so freie Leben von Single und Womanizer Tom blickt, wünscht der sich mehr und mehr, an Daves Stelle der Mann der attraktiven Anne (Stacy Martin) zu sein. Zwischen den beiden knistert es sogar. Und für ihren Sohn entwickelt Tom beinahe so etwas wie väterliche Gefühle. Als Dave nach einer wilden Partynacht mit Tom plötzlich verschwindet, wird in sämtliche Richtungen ermittelt. Und nicht nur der Tennislehrer ist eine brauchbare Verdachtsperson ...
In "Islands" kommen viele Dinge zusammen, die den Film sehenswert machen. Da ist das Geheimnisvolle, das die Rolle von Stacy Martin umgibt. Und natürlich Sam Riley, der seit Anton Corbijns "Control", in dem er Joy-Divison-Frontmann Ian Curtis mimte, zwar 18 Jahre älter geworden ist, von seinem jungenhaften Charme aber wenig eingebüßt hat. Auch dann nicht, wenn er als Tom mal wieder von einer durchzechten Nacht zerstört in der Wüste aufwacht. Die brennende Sonne, die rauen Felsen, die weißen Strände und die weiten Dünen der Kanareninsel sind ebenso für die besondere Stimmung von "Islands" verantwortlich, wie der eindringliche Score von Dascha Dauenhauer, der die fantastischen Bilder von Kameramann Juan Sarmiento G. pointiert untermalt.
Mehr Drama als Thriller
Die erste Idee zu der Geschichte kam Regisseur Gerster bereits vor vielen Jahren im Urlaub auf Fuerteventura und bei Gesprächen mit dem Tennislehrer jener Anlage, in der er damals abstieg. Geschrieben hat er das Buch dann mit Blaž Kutin - der schon für "Lara" verantwortlich zeichnete - und Lawrie Doran. Und während der Plot zunächst wie ein Noir-Thriller im Stile von Hitchcock anmutet, stehen dann aber doch eher Toms Zerrissenheit, die Tristesse seines Lebens fern der Heimat und die Einsamkeit des Aussteigers im Mittelpunkt der Erzählung. Immer wieder schickt uns "Islands" auf falsche Fährten, doch führen die am Enden nirgends so recht hin. Das kann man bemängeln, dürfte angesichts des eigentlichen Themas aber gewollt sein.
Und so ist "Islands" ein Genre-Mix, der wie ein desillusionierender Eskapismus-Trip auf die Kanaren funktioniert, während man Riley beim mehrfachen Abstürzen, Aufbäumen und Nachdenken zuschaut. Wie bereits eingangs erwähnt ist der Film für den Deutschen Filmpreis nominiert. Als bester Film, für den besten männlichen Hauptdarsteller sowie die beste Filmmusik. Dass mindestens ein Preis an "Islands" geht, ist durchaus vorstellbar.
"Islands" läuft ab sofort in den deutschen Kinos.