US-Regierung will nach Kirk-Mord NGOs an den Kragen

Die US-Regierung nutzt den Mord an Charlie Kirk, um gegen missliebige Organisationen vorzugehen. Bei einer Sonderaufzeichnung der "Charlie Kirk Show" im Weißen Haus machen Vizepräsident Vance und seine Gäste die "linke Seite" für politische Gewalt verantwortlich. Im Fokus stehen unter anderem liberale Stiftungen.

Nach dem Attentat auf den US-Podcaster und Aktivisten Charlie Kirk hat die Regierung von Präsident Donald Trump all jenen gedroht, die Kirks Tod verteidigten und feierten. Um an den getöteten rechten Aktivisten zu erinnern, moderierte US-Vizepräsident JD Vance im Weißen Haus eine Episode von dessen Podcast, der "Charlie Kirk Show". Vance und seine Gäste stellten das Vermächtnis Kirks ins Zentrum, das sie stark religiös aufluden. Zugleich machten sie erneut deutlich, wen das Lager von US-Präsident Donald Trump für das Attentat als verantwortlich ansieht: die politische Gegenseite.

Die Sonderfolge wurde auf der bei der US-Rechten populären Plattform Rumble übertragen. Darin kam auch der Trump-Berater und stellvertretende Stabschef des Weißen Hauses, Stephen Miller, zu Wort. Er kündigte an, die Regierung werde ihre umfassenden Ressourcen nutzen, um "im Namen von Charlie" die "inländische Terrorbewegung" zerschlagen, die hinter dem Attentäter stecke. Vizepräsident JD Vance drohte unter anderem liberalen Stiftungen.

Er sei dankbar für die Beileidsbekundungen vieler Demokraten und wünsche sich Einheit, erklärte Vance. Diese könne es jedoch nur geben, wenn anerkannt werde, dass politisch motivierte Gewalt kein Problem beider Seiten sei, sondern primär das einer "mächtigen Minderheit am linken Rand". Vance behauptete, Statistiken sprächen eine klare Sprache: "Menschen auf der linken Seite verteidigen und feiern politische Gewalt viel eher." Er sprach von einem "Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen", einer "Pyramide" von Politikern, Geldgebern, Journalisten und Aktivisten, die zwar nicht alle selbst einen Mord begehen würden. "Viele dieser Leute schaffen aber ein Umfeld, in dem Dinge wie diese unweigerlich passieren."

Konkret drohte Vance zwei der bekanntesten liberalen Stiftungen im Land und kritisierte deren "großzügige Steuervergünstigungen". Er behauptete, die Open Society Foundation des Milliardärs George Soros und die Ford-Stiftung hätten einen "ekelhaften Artikel" der Zeitschrift "The Nation" finanziert, in dem Kirks Tod gerechtfertigt worden sei. Nach Recherchen der "Washington Post" ist das falsch: Die Ford-Stiftung habe "The Nation" zuletzt 2019 eine Förderung für ein Praktikumsprogramm gewährt. Von der Soros-Stiftung sei gar kein Geld geflossen.

Miller ergänzte, die Regierung werde die öffentliche Wut über Kirks Tod "kanalisieren, um diese Terrornetzwerke zu entwurzeln und zu demontieren". Er warf dem linken Lager "organisierte Aufstände, organisierte Straßengewalt und organisierte Kampagnen zur Entmenschlichung und Verunglimpfung" von Andersdenkenden in den USA vor. Das Justiz- und das Heimatschutzministerium seien nun federführend beauftragt, die Netzwerke "zu zerstören und Amerika wieder sicher für die amerikanische Bevölkerung zu machen". All dies geschehe "im Namen von Charlie".

Meinungsfreiheit - für die eigene Seite

Vance betonte, Kirk habe eine "entscheidende Rolle dabei gespielt, Donald Trump zum Präsidenten zu machen und mich zum Vizepräsidenten zu wählen". Politisches Ziel müsse es nun sein, dass jeder "seine Meinung zu den Themen des Tages äußern kann, ohne von der Kugel eines Mörders niedergestreckt zu werden".

Wenig Meinungsfreiheit gibt es indes für diejenigen, die Kirks Ermordung verharmlost haben - oder sich kritisch mit seinem Wirken auseinandersetzen. Seit dem Attentat gerieten etliche Privatpersonen in den Fokus von Kirk-Anhängern. Mehrere wurden bei ihren Arbeitgebern gemeldet. Das US-Außenministerium drohte zudem Ausländern mit dem Entzug ihrer Visa, sollten sie im Internet die Tat rechtfertigen.

Über die Motive des Tatverdächtigen ist bislang wenig bekannt. Nach Angaben der Behörden verweigert der 22-Jährige die Zusammenarbeit mit den Ermittlern. Utahs Gouverneur Spencer Cox, der den Mord noch bevor der Tatverdächtige gefasst war, als "politisches Attentat" eingestuft hatte, spricht von einer "eindeutig linken Ideologie". Dafür finden sich allerdings keine eindeutigen Belege. Aufschriften auf Patronenhülsen, die am Tatort gefunden wurden, lassen nur oberflächlich auf eine antifaschistische Gesinnung schließen. Sie lassen sich auch als Referenzen auf eine teils rechtsextreme, durch Videospiele und Memes geprägte digitale Subkultur verstehen. Es gibt Hinweise darauf, dass der Tatverdächtige in dieser Subkultur verwurzelt ist. Inwieweit die Tat ideologisch geprägt war, ist aber noch offen.

"Märtyrertod" wird monetarisiert

Kirks Tod entfaltet in den USA eine enorme politische Schlagkraft. Er war eine prägende Stimme der US-Rechten und erreichte ein Millionenpublikum, vor allem junge Männer. Seine 2012 gegründete Jugendorganisation Turning Point USA, ist heute an zahlreichen Highschools und Hochschulen aktiv.

Seit dem Attentat haben Kirks Ehefrau Erika und Weggefährten wie der ultrarechte Publizist Steve Bannon Kirks Reichweite und Plattformen genutzt, um die Anhänger weiter anzusprechen. Sie bezeichneten Kirk unter anderem als "Amerikas größten christlichen Märtyrer". Turning Point USA verschickte zudem Spendenaufrufe, in denen der Tod des 31-Jährigen in drastischen Worten als Aufruf zum politischen Engagement dargestellt wurde.

Auch im von Vance moderierten Podcast wurde Kirks Vermächtnis stark religiös gerahmt. Die Runde - neben Vance und Miller nahmen auch Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. und Trumps Sprecherin Karoline Leavitt teil - leitete daraus den Auftrag ab, Kirks Netzwerk fortzuführen und auszubauen. Vor allem junge Konservative sollten sich demnach offen zum Christentum bekennen und Kirks Botschaften in Politik und Gesellschaft weitertragen.