Mit einem Sonderzug reist Bundesaußenminister Wadephul nach Kiew - erstmals in dieser Funktion. Er beteuert nicht nur seine Solidarität mit der Ukraine, sondern setzt auch auf weitere Sanktionen gegen Russland. Mit Wadephul reisen Vertreter der Rüstungsindustrie.
Bundesaußenminister Johann Wadephul verspricht der Ukraine angesichts anhaltender massiver russischer Luftangriffe dauerhafte deutsche Waffenhilfe. "Die Freiheit und Zukunft der Ukraine ist die wichtigste Aufgabe unserer Außen- und Sicherheitspolitik", erklärte der CDU-Politiker zu seinem Antrittsbesuch in Kiew. Man werde "felsenfest an der Seite der Ukraine stehen, damit sie sich weiter mit Erfolg verteidigen kann - mit moderner Luftverteidigung und anderen Waffen, mit humanitärer und wirtschaftlicher Hilfe".
Der Minister war am Morgen mit einem Sonderzug zu dem aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehaltenen Besuch in der ukrainischen Hauptstadt eingetroffen. Wadephul wurde von Vertretern der deutschen Rüstungsindustrie begleitet. Am Rande des Besuches sollten hochrangige Gespräche zwischen Wirtschaftsvertretern und mit ukrainischen Entscheidungsträgern stattfinden, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Wadephul hatte die Ukraine erstmals am 9. Mai als neuer Außenminister besucht. Damals nahm er an einem informellen Treffen der EU-Außenminister im westukrainischen Lwiw teil.
"In der Ukraine entscheidet sich, ob unser Europa ein Ort bleibt, an dem Freiheit und Menschenwürde zählen - oder ein Kontinent, auf dem Gewalt Grenzen verschiebt", erklärte Wadephul. Russlands Präsident Wladimir Putin wolle keinen Frieden, sondern Eroberung und Unterwerfung um jeden Preis. "Deshalb werden wir unsere Konzentration weiterhin voll auf die Unterstützung der Ukraine richten." Daran zeige sich "unsere Standhaftigkeit als Europäer".
Die Ukraine habe wiederholt bewiesen, dass sie bereit zu ernsthaften Verhandlungen über ein Kriegsende sei. "Putin rückt hingegen von keiner seiner Maximalforderungen ab, er will keine Verhandlungen, sondern eine Kapitulation", kritisierte Wadephul. Solange dies der Fall sei, werde man Putins Möglichkeiten weiter durch Sanktionen einschränken. Daran arbeite man weiter mit größtem Druck.
Neue Sanktionen liegen auf Eis
Am Freitag war die Annahme des 18. Sanktionspakets der EU zunächst am Widerstand der Slowakei gescheitert. Ein neues Votum wurde auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben. Die EU-Sanktionen sind vor allem gegen die russische Wirtschaft gerichtet und haben das Ziel, dem Land die finanziellen Mittel für eine Fortsetzung des Angriffskrieges gegen die Ukraine zu nehmen.
In Kiew wollte Wadephul unter anderem mit seinem Amtskollegen Andrij Sybiha zusammenkommen und in der Gedenkstätte Babyn Jar der Opfer des Massenmordes an der jüdischen Bevölkerung unter der deutschen Besatzung 1941 gedenken. In der engen Schlucht von Babyn Jar am früheren Stadtrand von Kiew erschossen die Nationalsozialisten am 29. und 30. September 1941 mehr als 33.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder.
Die ukrainischen Luftstreitkräfte hatten am Wochenende mitgeteilt, dass Russland in der Nacht zum Sonntag mehr als 500 Drohnen, Raketen und Marschflugkörper auf die Ukraine abgefeuert hatte. Die Zahl von insgesamt 537 solcher Angriffe sei die höchste seit Kriegsbeginn, berichteten Medien in der Ukraine. Es gab demnach erneut Verletzte und schwere Schäden auch an ziviler Infrastruktur. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigte daraufhin Forderungen, mehr Druck auf Putin auszuüben, um so den Krieg zu beenden. Die Ukraine müsse ihre Flugabwehr stärken und sei bereit, dafür vor allem von den USA Flugabwehrsysteme zu kaufen.