Der Bauernverband findet mit seinem Vorstoß, die Lohnuntergrenze bei Saisonarbeitern zu kürzen, offene Ohren im Agrarressort. Der zuständige CSU-Minister will einen "rechtssicheren Weg" prüfen. Koalitionspartner und Gewerkschaften kündigen Widerstand an.
Bundesagrarminister Alois Rainer hat sich offen für die Forderung des Deutschen Bauernverbandes gezeigt, den Mindestlohn für Saisonarbeiter zu kürzen. "Meine Fachleute prüfen, ob es einen rechtssicheren Weg gibt, Ausnahmen vom Mindestlohn möglich zu machen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die Bundesregierung stehe grundsätzlich zum Mindestlohn, aber er nehme die Sorgen der Obst- und Gemüsebauern sehr ernst, sagte der CSU-Politiker weiter. "Ohne die wichtige Unterstützung der Saisonarbeitskräfte könnten viele Betriebe ihre Ernte nicht einbringen", fuhr Rainer fort. "Gerade lohnintensive landwirtschaftliche Betriebe stellt die Erhöhungen des Mindestlohns vor finanzielle Herausforderungen."
Der Bauernverband hatte am Montag auf Ausnahmen vom Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte gepocht. "Wir schlagen vor, dass sie 80 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns erhalten", sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied. Er mahnt seit Monaten, dass eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf ein Niveau von 15 Euro gravierende Folgen für die Landwirtschaft hätte. "Sollte dies ohne Ausnahmen für Saisonarbeitskräfte kommen, wäre das ein Strukturwandelbeschleunigungs- und Ausstiegsprogramm für viele Gemüse-, Obst- und Weinbaubetriebe", bekräftigte er nun.
SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf wies die Forderung des Bauernverbands jedoch zurück. "Das tragen wir auf gar keinen Fall mit", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Es geht um das Recht von Menschen, mit Erwerbsarbeit einen armutsfesten Lohn zu bekommen. Da kann man die Saisonarbeiter nicht ausnehmen."
"Der Name sagt es ja schon, Mindestlohn. Unter diese äußerste untere Grenze sollte das Entgelt nicht fallen, damit die Menschen einigermaßen davon leben können", erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Harald Schaum. Er verwies darauf, dass schon jetzt in der Landwirtschaft häufig der Mindestlohn unterlaufen werde, indem Betriebe etwa die Kosten für Unterkunft und Verpflegung direkt vom Lohn abziehen.