Nach dem Treffen von Bundeskanzler Friedrich Merz mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump diskutieren die Gäste bei Maybrit Illner die Ergebnisse. Die beiden Staatsmänner haben einen wichtigen Schritt für die Sicherheit Europas gemacht, ist die vorherrschende Meinung.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat bei seinem Treffen mit US-Präsident Donald Trump in Washington vieles richtig gemacht. Er beeindruckte den amerikanischen Präsidenten mit seinen Englisch-Kenntnissen, lobte das Gästehaus in Washington, schmeichelte, solange es nötig war. Und er machte sehr deutlich, dass Deutschland im russisch-ukrainischen Krieg auf der Seite der Ukraine stehe. Trump dagegen verglich Russland und die Ukraine mit zwei Kindern, die sich in einem Park prügeln. Da müsse man auch schon mal zuschauen und sie machen lassen, bevor man eingreife. Übersetzt heißt das: Frieden in der Ukraine erst einmal noch nicht. Der wohl größte zu erwartende Erfolg für den Kanzler: Trump kommt nach Deutschland. Das hat der Präsident dem Kanzler zugesagt. Wie sehen die Gäste bei Maybrit Illner im ZDF am Donnerstagabend den Besuch von Merz? Kurz gesagt: Viel Kritik gibt es nicht.
"Das war ein guter Auftakt", sagt zum Beispiel Bundesaußenminister Johann Wadephul von der CDU. "Ich glaube, man hat auch ein bisschen Respekt gehört bei Donald Trump." Damit spielt er auf dessen Bemerkung an, Merz sei ein schwieriger Verhandlungspartner. Trump nehme Merz ernst, sagt Wadephul. "Und das ist ja für Deutschland wichtig, dass unser Regierungschef dort gesehen und gehört wird. Und Friedrich Merz hat seine Punkte machen können, Stichwort Ukraine. Was für uns jetzt ganz wichtig ist, dass die USA sich mit uns an der Seite der Ukraine engagieren, das ist gut rübergekommen." Das Verhältnis zwischen Trump und Merz habe mit viel Respekt begonnen. Und es sei ein nüchternes Verhältnis gewesen. Man nehme sich ernst.
Der ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen war bei dem Treffen zumindest vor Ort. Er hat den Eindruck: Merz sei gut bei Trump angekommen. "Im Oval Office geht es ja oft um "grill or chill". Also entweder man wird gegrillt, oder man kann sich entspannen. Und wir hatten den Eindruck, dass sich Friedrich Merz weitgehend entspannen konnte." Das habe daran gelegen, dass bei der Pressekonferenz vor dem geplanten Mittagessen der beiden Staatsoberhäupter vor allem Donald Trump geredet habe. Merz habe jedoch die Chancen genutzt, die er hatte. Vor allem beim Thema Ukraine. "Er hat davon geredet, dass in diesem Oval Office ein amerikanischer Präsident entschieden hat, den Zweiten Weltkrieg zu beenden und am Ende Europa befreit hat." Merz habe eine Analogie zu historischer Größe gezogen, das gefalle Donald Trump, der diese historische Größe selber suche.
Besuch hat den Hauptzweck erfüllt
Für die Amerikaner sei das Treffen eher unwichtig gewesen, analysiert Ökonom Adam Tooze von der Columbia University. Weder der "Washington Post" noch der "New York Times" sei es eine Schlagzeile wert gewesen. Dort sei aktuell der Streit zwischen Trump und Elon Musk die Hauptsache.
Donald Trump werde ein unberechenbarer Präsident bleiben, urteilt Diplomat Wolfgang Ischinger. "Aber ich glaube, dieser Besuch hat den Hauptzweck erfüllt, ein persönliches Verhältnis, ein hoffentlich belastbares Verhältnis, wenn es dann auch mal nicht so freundlich wird. Dieses Ziel ist schon mal erreicht." Zudem glaubt Ischinger, das transatlantische Verhältnis sei noch nicht zerstört. "Ich glaube, man kann jetzt schon sagen: Der Nato-Gipfel, der in knapp drei Wochen stattfindet, wird vorhersehbar nicht in einer Katastrophe oder in einem transatlantischen Debakel enden, sondern er wird eher zu einer Bekräftigung der Geschlossenheit dieser Allianz führen, trotz Trump. Und wenn da deutsche Politiker ihren Beitrag leisten können, dann ist vieles erreicht und vieles, was sich schlimm hätte entwickeln können, verhindert. Soweit bin ich sehr erleichtert."
Wadephul fügt hinzu: "Wir bereiten diesen Nato-Gipfel sehr gut vor, und das war heute ein sehr entscheidender Schritt für unsere Sicherheit und für unsere Freiheit in Europa von entscheidender Bedeutung. Und ich bin gerade nach dem heutigen Verlauf sehr zuversichtlich, dass wir einen hervorragenden Gipfel bekommen und ein klares Bekenntnis der USA, nach Artikel 5 für Europa einzustehen." Selbstverständlich müsse man auch über andere Dinge sprechen wie die Probleme von Studierenden oder die Nähe zur AfD, die Vizepräsident Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz gezeigt habe. Doch das komme später.
US-Unterstützung für Europa
Dennoch, sagt Adam Tooze, zu sehr dürfe man sich auf Trump nicht verlassen. "Man sollte davon ausgehen, dass seine Position in Sachen Ukraine und Europa unentschieden ist. Es ist nicht klar, wo er steht." Amerika als Machtgefüge sei ungeheuer instabil geworden. "Das war schon vor der zweiten Amtszeit Trumps der Fall und wird auch danach der Fall sein", so der Ökonom.
Trotzdem könne man Trump auf die westliche, vor allem die deutsche Seite ziehen, vor allem, indem man mehr Geld in die Nato einzahle, so Wadephul. Man müsse in den nächsten Jahren fünf Prozent des BIP in die Nato für Verteidigungsausgaben zahlen und die Infrastruktur verbessern, fordert der Außenminister. "Der Nato-Generalsekretär sollte mit diesem Vorschlag Erfolg haben, weil es ein entscheidender Baustein dafür ist, dass die Allianz zusammenhält und dass der nächste Gipfel gut läuft."
Jetzt sei es wichtig, Trump davon zu überzeugen, gemeinsam mit Europa im Ukraine-Krieg gegen Russland vorzugehen, sagt Wadephul. Und hier sieht der Minister eine entscheidende Möglichkeit: China. Die Volksrepublik sei ein enger Verbündeter Russlands, und die USA empfänden China als Gefahr. "Das ist für uns auch eine entscheidende Chance, den USA zu sagen: Wir Europäer sind bereit, mit euch eine China-Politik zu koordinieren, wenn unsere Interessen dabei auch gesehen werden. Am Ende gilt der alte Satz von Bismarck: Außenpolitik ist Interessenpolitik. Und wir müssen unsere Interessen und die der Vereinigten Staaten in Einklang miteinander bringen. Das ist die verlässlichste Grundlage dafür, dass es Gemeinsamkeiten gibt."