Der öffentlich ausgetragene Streit zwischen US-Präsident Trump und seinem Ex-Berater Musk erschüttert die USA. Die Auseinandersetzung könnte ein Stolperstein für das politische Gleichgewicht der USA sein - oder doch nur ein weiterer Akt in Trumps großer Inszenierung.
Eine "hässliche Trennung" sei das gewesen, befand Fox-News-Moderatorin Aisha Hasnie. Einen Tag lang hatte die US-amerikanische Öffentlichkeit live dabei zugesehen, wie Präsident Donald Trump und sein ehemaliger Unterstützer Elon Musk ihre Beziehung vor aller Welt in Scherben schlugen. Die rechte Influencerin Ashley St. Clair, die ein Kind von Musk hat, schrieb auf X: "Hey @realDonaldTrump melde dich, wenn du Trennungstipps brauchst."
Im Netz machte sich eine Mischung aus Ungläubigkeit, Häme und Erregung breit. Was sich hier abspielte, war bedeutend, live und ja - auch unterhaltsam. Im US-Fernsehen dominierten die versteinerten Mienen. Besonders beim rechten Sender Fox News: Das Personal vor der Kamera wirkte bestürzt, fast verzweifelt, legte eine Ernsthaftigkeit an den Tag, die aus dem Rahmen fiel, weil sie einen starken Kontrast bildete zum sonst oft lockeren Ton. Die Fassungslosigkeit war nachvollziehbar. Da droschen zwei Ikonen des Senders aufeinander ein, die ihm in den Monaten zuvor verlässlich Anlass für Freude geboten hatten.
Die Bestürzung aber hatte Fox News nicht exklusiv. Sie reichte quer durch das politische Spektrum der USA. Auch beim eher linksliberalen Sender CNN verliehen Journalistinnen ihrem Entsetzen Ausdruck, sprachen Moderatoren von den Ängsten, die dieser Streit wecke.
Noch vor wenigen Tagen war Musk mit Trumps Flugzeugen gereist, hatte zum Ende seiner Beratertätigkeit einen goldenen Schlüssel zum Oval Office überreicht bekommen. Doch unter der Oberfläche gärte es bereits: Musk ärgerte sich über ein innenpolitisches Gesetzesvorhaben Trumps und begann öffentlich dagegen zu wettern. Am Donnerstag antwortete Trump erstmals: Im Beisein des deutschen Bundeskanzlers Friedrich Merz zeigte er sich enttäuscht von Musk. Der wiederum verfolgte das Treffen mit Merz offenbar und schrieb auf X, Trump hätte ohne ihn die Wahl verloren. Trump reagierte auf Truth Social, kündigte an, Musks staatliche Subventionen streichen zu wollen. Musk drohte, die Zusammenarbeit seiner Weltraumfirma mit den USA zu beenden und warf Trump schließlich eine Verbindung zum verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein vor.
"Ihr Kampf bedeutet nichts Gutes für die USA", sagte eine CNN-Korrespondentin am Donnerstagabend. Tatsächlich birgt das Zerwürfnis erhebliches Sprengpotenzial, politisch wie wirtschaftlich. Trump und Musk sind so mächtig, dass sie einander schaden können, der republikanischen Partei, aber eben auch dem ganzen Land. Musk ist der reichste Mann der Welt, der eine Mensch, den Trump nicht kontrollieren kann. Er verfügt über ein milliardenschweres Imperium aus Tech-Firmen und eine riesige Gefolgschaft auf seiner Plattform X - und er hat eine politische Agenda, die sich zunehmend von Trumps Linie absetzt. Er stellt Trumps Gesetzespläne offen infrage, bietet Deckung für abtrünnige republikanische Senatoren und spielt sogar mit dem Gedanken, eine neue Partei zu gründen.
Musk sitzt auf einem Pulverfass
Musk finanzierte im vergangenen Jahr nicht nur Trumps Wahlkampf, sondern auch den vieler republikanischer Abgeordneter. Er könnte das auch bei den anstehenden Wahlen im nächsten Jahr tun. Oder eben nicht. Er könnte schon zuvor in den innerparteilichen Vorentscheidungen Kandidatinnen und Kandidaten unterstützen, die Trumps Projekte ablehnen. Musks Geld und Reichweite stellen Trumps Machtanspruch in der republikanischen Partei infrage.
Doch Musk sitzt auf einem Pulverfass: Teslas Aktienkurs brach am Donnerstag um bis zu 14 Prozent ein. Musks Vermögen schrumpfte um Dutzende Milliarden. Seine Unternehmen - allen voran SpaceX und Tesla - sind massiv auf den Staat angewiesen. Laut Recherchen der "Washington Post" flossen in den vergangenen Jahren 38 Milliarden Dollar in Musks Firmen. In seiner Zeit im Weißen Haus wurden weitere Projekte angeschoben. Trump droht nun offen damit, Verträge mit Musks Firmen zu beenden. Trumps ehemaliger Berater Steve Bannon forderte eine Verstaatlichung von Musks Weltraumfirma SpaceX und sogar die Ausbürgerung des gebürtigen Südafrikaners. Zudem mahnte er Ermittlungen gegen Musk wegen dessen Drogenkonsums an. Musk könnte nicht nur seinen privilegierten Zugang zur Regierung verlieren, sondern auch finanziell schwer geschädigt werden.
Für die republikanische Partei bedeutet der Streit zwischen Musk und Trump eine neue Zerreißprobe. Einerseits ist Trump weiterhin im Weißen Haus und kann mit der Loyalität seiner Basis rechnen. Andererseits könnten jene Republikaner, die sich bislang aus Angst zurückgehalten haben, jetzt durch Musks Rückendeckung ermutigt werden, gegen Trump aufzubegehren. Die Partei droht sich entlang dieser neuen Frontlinie zu spalten - in eine MAGA-treue Gefolgschaft und eine von Musk inspirierte, wirtschaftsliberale Opposition. Das Ergebnis: ein Machtkampf, der die ohnehin historisch knappen Mehrheiten der Republikaner im Kongress zerlegen könnte und damit die USA politisch lähmen würde.
Der "New York Times"-Reporter David Streitfeld bot einen Tag danach einen weniger angsteinflößenden Deutungsansatz für Trump und Musks Streit: Dieser wirke weniger als eine echte Fehde als vielmehr wie ein inszeniertes Spektakel - ein politisches Theaterstück, ein Wrestling-Match. Die mediale Aufmerksamkeit lenke von Trumps politischen Problemen und Musks wirtschaftlichen Schwierigkeiten ab und helfe damit beiden.
Streitfeld will ein Muster erkennen, das auch Trumps Zollpolitik präge: ständige Kurswechsel, ein dramatischer Erzählbogen, der die Show am Laufen hält. Musk hat sich bereits offen für ein versöhnendes Gespräch gezeigt, Trump aber ließ verlauten, er wolle nicht reden. Er werde seinen roten Tesla verkaufen, hieß es aus dem Weißen Haus.