Mit seiner Äußerung zu einer Aufhebung der Reichweitenbegrenzung für Waffen an die Ukraine sorgt Merz für Aufruhr. Die Chancen auf einen Waffenstillstand schätzt der Kanzler schlecht ein. Jedoch bewertet sein Außenminister Wadephul die Lage vor seinem Antrittsbesuch in den USA optimistischer.
Außenminister Johann Wadephul will die Möglichkeit einer Feuerpause in der Ukraine nicht ausschließen. "Wir sprechen weiterhin über einen Waffenstillstand, ich halte ihn auch für erreichbar", sagte er dem WDR. Wadephul trifft am Mittwoch seinen US-Kollegen Marco Rubio in Washington und will das Thema einer Waffenruhe auch dort zur Sprache bringen. "Bei allen Differenzen, die wir mit dem amerikanischen Präsidenten haben, (..) sind wir uns ja darin einig, dass dieser schreckliche Krieg so schnell wie möglich beendet werden muss", sagte der deutsche Chefdiplomat.
Zuvor hatte Bundeskanzler Friedrich Merz die Chancen auf einen Waffenstillstand in der Ukraine als schlecht bezeichnet. Russlands Präsident Wladimir Putin zeige wenig Interesse, zu einer Feuerpause zu kommen, sagte der Kanzler. Für Deutschland und seine Partnerstaaten bedeute dies, "dass wir unsere Anstrengungen eher noch verstärken müssen, damit die Ukraine sich verteidigen kann".
Zu seinen Äußerungen vom Vortag, wonach keine Reichweitenbegrenzungen mehr für an die Ukraine gelieferte Waffen gelten würden, sagte Merz, er habe damit lediglich "etwas beschrieben, was seit Monaten längst geschieht". Es sei klar, "dass die Ukraine das Recht hat, die Waffen einzusetzen auch gegen Ziele auf dem russischen Staatsgebiet". Sie könne sich nur verteidigen, wenn sie auch militärische Stützpunkte angreifen könne, "die auf dem Territorium des Angreifers liegen".
Kreml: Waffenfreigabe wäre Eskalation
Russland bekräftigte derweil seine Kritik an der von Merz artikulierten Freigabe der Reichweite westlicher Waffen im Ukraine-Krieg. "Wenn das den Tatsachen entspricht, dann ist das eine Eskalation, eine ernsthafte Eskalation, die auf schwerwiegende Weise wohl den Anstrengungen Richtung friedlicher Lösung widerspricht, die jetzt unternommen werden", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Allerdings seien Merz' Äußerungen dazu aus Moskauer Sicht sehr unklar.
Bereits am Montag hatte der Kreml die Ankündigung als gefährlich bezeichnet. "Merz windet sich jetzt ziemlich", sagte Peskow nun. Am Vortag habe er gesagt, dass eine Entscheidung getroffen worden sei. Dies habe jedoch später ein Kabinettsmitglied dementiert. Nun habe Merz darauf bestanden, dass diese Entscheidung vor einigen Monaten doch getroffen worden sei.
Insgesamt trage Europa nicht zu einer friedlichen Lösung bei, kritisierte Peskow. Allerdings müssten seinen Angaben nach auch die USA bei der Entscheidung involviert sein, die Reichweitenbegrenzung für Waffen aufzuheben.
Antrittsbesuch bei Rubio
Nach Angaben des Auswärtigen Amts stehen die bilateralen Beziehungen, die weitere Unterstützung der Ukraine angesichts des russischen Angriffskrieges sowie die transatlantische Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Fokus der Gespräche, die Wadephul am Mittwoch in der US-Hauptstadt führen wird.
Rubio, der an diesem Mittwoch seinen 54. Geburtstag feiert, hatte Wadephul nach Washington eingeladen. Es ist der offizielle Antrittsbesuch des neuen deutschen Außenministers in den USA. Erstmals nach seinem Amtsantritt hatte sich Wadephul mit Rubio Mitte Mai bei einem informellen Treffen der Nato-Außenminister im türkischen Antalya getroffen.
Die Reise Wadephuls könnte auch der Vorbereitung für einen USA-Besuch von Merz dienen. Der Kanzler hatte mehrfach angekündigt, in Kürze nach Washington reisen zu wollen.