Gleich für die erste Sitzung haben Union und SPD viel vor

Die Themenliste für die erste Sitzung des Koalitionsausschusses von Union und SPD ist lang. Ein paar Probleme gibt es auch zu besprechen. Dabei soll das Gremium keine Konflikte lösen, sondern einen großen Plan entwerfen.

Eigentlich soll der Koalitionsausschuss die zentrale Schaltstelle für das neue Regierungsbündnis von CDU, CSU und SPD werden: Wenn das Gremium an diesem Mittwochnachmittag zum ersten Mal tagt, wollen die drei Parteien ein umfassendes Arbeitsprogramm bis zur Sommerpause beschließen.

Denn bereits in weniger als anderthalb Monaten, am 11. Juli, beginnt die parlamentarische Sommerpause. Bis dann will die Koalition zeigen, dass sie "Tempo machen" kann, wie Unionsfraktionschef Jens Spahn dem "Tagesspiegel" sagte. Schon am Vormittag wurden in der Kabinettssitzung die ersten beiden Migrationsgesetze verabschiedet: die Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge ohne Asylstatus und die Abschaffung der beschleunigten Einbürgerung nach drei Jahren.

Beim Koalitionsausschuss soll es vor allem darum gehen, die Vorhaben der Koalition zu priorisieren. Für die Union dürfte zentral sein, noch vor der Sommerpause eine Entlastung der Wirtschaft auf den Weg zu bringen, etwa durch die Senkung der Energiepreise oder den "Investitionsbooster", also höhere Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen von Unternehmen. Daneben gehört für CDU und CSU eine Senkung der Körperschaftsteuer und die Abschaffung des deutschen Lieferkettengesetzes zum geplanten Sofortprogramm. Auch der Bürokratieabbau soll eingeleitet werden.

Viele Pläne und einige Konflikte

Für die SPD zentral dürfte die Verlängerung der Mietpreisbremse sein, die heute Vormittag im Kabinett beschlossen wurde. Auch das Vorhaben, das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für Investitionen in ein Gesetz zu gießen, müsse schnell erfolgen. Weiter genannt werden von Sozialdemokraten das Rentenpaket und das Tariftreuegesetz.

Der Koalitionsausschuss ist ein inoffizielles Gremium, das die drei Parteien und die zwei Fraktionen verzahnen soll - anders als in der Ampel-Zeit soll es nicht Probleme lösen, sondern Pläne entwickeln. Dabei gibt es durchaus ein paar Konflikte zu besprechen, zum Beispiel der offenkundig unabgestimmte Vorstoß von Bundeskanzler Friedrich Merz zur Aufhebung der Reichweitenbegrenzung bei Waffen für die Ukraine. Schon durch den Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dürfte das Thema wenigstens kurz auf die Tagesordnung kommen.

Auch beim Thema Migration hat die SPD ein paar Fragen an den Koalitionspartner. Bei der Union wiederum wundert man sich über die nicht abgestimmte Forderung von Arbeitsministerin Bärbel Bas, auch Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung aufzunehmen.

Dobrindt: Exportzusagen an Israel werden eingehalten

Gesprächsbedarf könnte es auch zu Israel geben. Mit Blick auf den Krieg im Gazastreifen gab es zuletzt Forderungen aus der SPD, Waffenlieferungen an Israel einzustellen. Diesen erteilte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt eine Absage: "Israel ist nach wie vor massiv bedroht, auch durch Terror" und habe "ein Recht auf Selbstverteidigung", sagte der CSU-Politiker. Zusagen für die Unterstützung Israels mit Waffen müssten deshalb "weiter eingehalten werden".

Ein weiteres Thema dürfte der Umgang mit der AfD sein. Die SPD hat signalisiert, dass sie sich ein Verbotsverfahren gegen die Partei vorstellen kann, die Union lehnt das ab.

Angesichts der Vielzahl von Themen müsste der Koalitionsausschuss eigentlich lange dauern. Union und SPD wollen jedoch unbedingt verhindern, dass ihr Treffen wie die der Ampel wirkt. Die hatte nächtliche Krisengespräche zwar vermeiden wollen, kam am Ende aber nicht mehr daran vorbei. Mehr als zwei, drei Stunden dürfte es also nicht dauern. Im Anschluss werden die drei Parteivorsitzenden sowie SPD-Chefin Saskia Esken die Ergebnisse in einer Pressekonferenz vorstellen.

Zehn Männer und eine Frau

Apropos: Die Tatsache, dass Esken die einzige Frau in diesem Gremium von elf Personen ist, hat im Vorfeld zu erheblicher Kritik und auch zu Spott geführt. Für die CDU sind Bundeskanzler Merz, Fraktionschef Spahn und Generalsekretär Carsten Linnemann vertreten. Die SPD schickt Vizekanzler und Parteichef Lars Klingbeil, seine Co-Parteichefin Esken sowie Fraktionschef Matthias Miersch. Die CSU hat Parteichef Markus Söder, Innenminister Dobrindt und den Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Hoffmann, benannt.

Dazu kommen Kanzleramtschef Thorsten Frei und Klingbeils Staatssekretär für das Vizekanzleramt, Björn Böhning, als "Schriftführer". Sie bereiten die Sitzungen gemeinsam vor. Normalerweise soll das Gremium monatlich tagen. Laut Koalitionsvertrag kann es aber auch außerplanmäßig "auf Wunsch eines Koalitionspartners" einberufen werden.