US-Präsident Trump und seine Regierung setzen alles auf eine Karte. Bündeln ihre gesamte Agenda in einem Gesetzespaket. Und bekommen es durch die erste Kongresskammer. Ein Erfolg. Aber gleichzeitig wird deutlich, wie fragil Trumps Macht ist.
Die bislang größte Machtprobe mit dem Kongress hat US-Präsident Donald Trump für sich entschieden - denkbar knapp. Das Repräsentantenhaus verabschiedete zwar am Donnerstag den von Trump vorgeschlagenen Haushalt samt massivem Gesetzespaket, stimmte damit für eine Anhebung der Schuldengrenze, Steuersenkungen, höhere Verteidigungsausgaben und eine Reform der staatlichen Krankenversicherung Medicaid. Gewonnen hat Trump damit aber noch lange nicht.
Die Erfolgsaussicht des Gesetzespakets im Senat ist unklar. Die Kongresskammer könnte das Paket mit Änderungsforderungen ans Repräsentantenhaus zurückverweisen. Die mühsam ausbalancierte Lösung, die nur unter viel Druck die Abstimmung überstand, könnte wieder auseinanderfliegen. Mehrere Abgeordnete im Repräsentantenhaus hatten bis zuletzt Änderungen verlangt, mit ihrer Ablehnung gedroht. Das Abstimmungsergebnis am Donnerstag: 215 zu 214. Trumps vorläufiger Erfolg, er ist fragil.
Dabei hatte der Präsident all sein politisches Gewicht auf diese eine Karte gesetzt: Am Dienstag war er höchstpersönlich auf Capitol Hill erschienen, um die Abgeordneten im Kongress auf Linie zu bringen. Trump sagte öffentlich, widerspenstige Parteifreundinnen und -freunde könnten 2026 in Vorwahlen auf Konkurrenz treffen und "sehr schnell ausgeknockt" werden.
Das war eine Drohung: Unterstützt mein Paket, oder ich schicke einen eigenen Kandidaten gegen euch ins Rennen. Im kommenden Jahr finden Kongresswahlen statt, das komplette Repräsentantenhaus wird neu zusammengesetzt.
Große Gesetzespakete, großes Gerangel
Der Grund für das große Gerangel? Reguläre Gesetze benötigen im Senat eine 60-Prozent-Mehrheit. Haben sie jedoch Auswirkungen auf den Staatshaushalt, kann der Kongress sie gemeinsam mit dem Haushalt verabschieden, für den eine einfache Mehrheit ausreicht. So entstehen gigantische Gesetzespakete, in denen unterschiedlichste Anliegen gebündelt werden.
Im Fall von Trumps "großem, schönen Gesetz", wie er es immer nennt, sind das unter anderen folgende:
- eine Verlängerung der Steuersenkungen, die Trump bereits 2017 durchgesetzt hatte
- mehr Geld für Grenzsicherung, Abschiebungen und Verteidigung
- weniger Anreize für grüne Investitionen
- eine Anhebung der Schuldenobergrenze um vier Billionen Dollar
- keine Steuern mehr auf Trinkgelder in bar sowie Überstunden
- weniger Geld für Lebensmittelhilfen
- eine Medicaid-Reform mit strengeren Arbeitsanforderungen - Millionen Geringverdiener könnten deshalb ihre Krankenversicherung verlieren
- größere steuerliche Freibeträge, was vorrangig wohlhabende Haushalte entlasten würden
Die Einigung auf solch ein umfassendes Gesetzespaket ist kompliziert. Die republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus hatten nicht nur unterschiedliche Vorstellungen, die unter einen Hut gebracht werden mussten, sondern teils sogar gegensätzliche. So verlangte eine Gruppe einen Ausgleich für das wachsende Haushaltsdefizit. Nach Berechnungen staatlicher Analysten wird Trump dem riesigen Schuldenberg in den kommenden zehn Jahren weitere zwei Billionen Dollar hinzufügen. Die Abgeordneten forderten im Gegenzug harte Einschnitte - etwa bei Medicaid, der staatlichen Krankenversicherung für Bedürftige.
Dieser Gruppe standen Abgeordnete gegenüber, die genau das verhindern wollten: zu starke Einschnitte bei Medicaid. Eine dritte Gruppe bestand darauf, dass lokale Steuern in größerem Umfang von der Bundessteuer abgesetzt werden können - eine Regelung, die vor allem Wohlhabenden zugutekommt.
Senat könnte fragiles Gleichgewicht stören
Trump und dem republikanischen Sprecher Mike Johnson gelang es trotzdem, die möglichen Abweichler zufriedenzustellen und fast alle Abgeordneten hinter der Regierungsagenda zu vereinen. Zwei Republikaner sprachen sich gegen Trumps Gesetzpaket aus, einer enthielt sich. Mit dem Vorsprung einer einzigen Stimme passierte es das Repräsentantenhaus und liegt nun dem Senat vor. Dort warten die nächsten Auseinandersetzungen.
Johnson habe sich schon am Dienstag mit republikanischen Senatoren getroffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen, berichtete der US-Sender CBS. John Thune, Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, sagte demnach später über Johnson: "Er will möglichst wenige Änderungen, weil im Repräsentantenhaus ein sehr fragiles Gleichgewicht gefunden wurde." Dennoch werde der Senat dem Gesetz seinen Stempel aufdrücken, so Thune.
Gerade die Medicaid-Kürzungen gefährden Trumps Haushalt und damit seine ganze Agenda. "Es gibt wahrscheinlich fünf, sechs, sieben von uns, die ein echtes Problem haben, wenn man irgendetwas tut, das die Leistungen kürzt", zitierte "The Hill" einen republikanischen Senator, der anonym bleiben wollte. Thune sei sich dessen bewusst.
Fordert der Senat Änderungen, muss das Repräsentantenhaus erneut zustimmen oder einen Gegenvorschlag machen. Beide Kongresskammern müssen der exakt gleichen Version eines Gesetzespakets zustimmen. Was geschieht, wenn der Kongress sich am Ende nur auf eine verwässerte Version des Gesetzespakets einigen kann? Sich Abgeordnete offen abwenden, den Widerstand üben? Das Bild der geschlossenen Bewegung, das Trump so gerne zeichnet, könnte Risse bekommen. Der unangreifbare Anführer würde ein wenig angreifbarer.